Bedburg-Hau Seit 15 Jahren Igelhilfe rund um die Uhr

Bedburg-Hau · Ulrike Wellmanns hat ein Herz für Igel. Seit 15 Jahren kümmert sie sich um verletzte, mutterlose, unterernährte oder kranke Igel. 42 sind es momentan. Das liegt nicht zuletzt am unbeständigen Wetter mit ausbleibendem Frühling.

 Ulrike Wellmanns mit einem ihrer Schützlinge. Der Igel wird gerade gesund gepflegt. Wenn er wieder fit ist, geht es zurück in die Natur.

Ulrike Wellmanns mit einem ihrer Schützlinge. Der Igel wird gerade gesund gepflegt. Wenn er wieder fit ist, geht es zurück in die Natur.

Foto: Stade

Schon an der Tür zu den Gartenhäuschen weist ein Schild darauf hin, wer hier "wohnt": Igel — und zwar nicht nur einer, sondern insgesamt 42, verteilt auf drei Gartenhäuser und den Keller. So sieht es hier aus zur Hochsaison", erklärt Ulrike Wellmanns als sie eines der Häuser betritt. Dicht an dicht stehen dort große Plastikboxen, jede trägt einen Namen und ein Datum. In den Kisten liegen viele alte Zeitungsseiten und aus manchen dringt ein leises Rascheln. "Die ersten Igel sind wach", erklärt Ulrike Wellmanns. Seit 15 Jahren — als ihr der erste Igel zugelaufen war— kümmert sich die 44-Jährige um kranke, untergewichtige und mutterlose Igel. Nur in einem Winter hatte sie mehr Igel als in dieser Saison - einen um genau zu sein. "Es artet ein wenig aus. Ich würde es nicht noch mal machen, aber wo soll ich die Leute denn hinschicken?", fragt sie angesichts der steigenden Zahl hilfsbedürftiger Igel — 94 Igel waren es in 2012. Mittlerweile macht sie nur noch Nachtschichten, um sich tagsüber um die Igel zu kümmern - auch an Urlaub außerhalb der eigenen vier Wände ist nicht mehr zu denken. "Wer soll sich denn dann um die Igel kümmern?", fragt sie.

Denn zu tun gibt es einiges. Aus vielen Teilen des Kreises bekommt sie Igel gebracht, die entweder verletzt oder krank sind. Sie alle werden untersucht, dafür arbeitet Ulrike Wellmanns mit einem Tierarzt aus Bedburg-Hau zusammen.

In allen Fällen heißt die Aufgabe: gesund pflegen und aufpäppeln. Dazu gehören: Wunden versorgen, gegen Parasiten vorgehen und dafür sorgen, dass die Igel an Gewicht zulegen (mindestens 600 Gramm sollten sie bei der Auswilderung wiegen)- neben Katzenfutter kommen da auch schon mal abgekochte Hühnchenflügel zum Einsatz - um die Igel fit für die Auswilderung zu machen. Schließlich sind Igel Wildtiere und sollen so schnell wie möglich in die Freiheit zurück. Doch bis dahin wird es noch dauern. "Das Klima ist ein Problem, die Temperatur sollte nachts konstant über acht Grad liegen." Ein Faktor, der in diesem "Frühling" schwer vorauszusagen ist.

Was das alles kostet? "Das rechne ich gar nicht mehr aus", erklärt Wellmanns. Sollten Gewicht und Wetter passen, kann es bald losgehen. Da Igel ein gutes Ortsgedächtnis haben, sollen sie möglichst dorthin zurückkehren, wo sie gefunden wurden. Die Gartenbesitzer, die die stacheligen Tiere gebracht haben, werden dann angerufen und gebeten, ihre Tiere abzuholen. Nicht alle nehmen "ihren" Igel auch wieder zurück. "Deshalb suche ich igelgerechte Gärten zur Auswilderung", erklärt die 44-Jährige. Igelgerecht, das heißt: Ohne Gartenteich oder zumindest mit einer Flachwasserzone, nicht direkt an der Straße und ohne ungesicherte Lichtschächte und Kellertreppen. Auch beim Einsatz von Gartengeräten sollte man vorsichtig sein. Tierliebe Menschen, die den Igeln ein Zuhause geben wollen, sollten in den ersten Tagen ein wenig zufüttern — und zwar am besten mit Katzen-Nassfutter.

Ab Juni/Juli kommt eine besonders anstrengende Aufgabe auf die 44-Jährige zu, dann werden oft mutterlose kleine Igel angegeben. "Ich schlafe dann bei den Igeln im Wohnzimmer und stelle mir alle zwei Stunden den Wecker, um die Kleinen zu versorgen", sagt Ulrike Wellmanns.

Ob bis dahin die "Wintergäste" wieder in die Freiheit entlassen werden können, bleibt abzuwarten. Dieses Jahr verschiebt sich alles", sagt Wellmanns mit Blick aufs Wetter. Doch ein Gutes hat der ausbleibende Frühling: Wenn die Auswilderung kommt, sind die Osterfeuer, die für Igel und andere Kleintiere oft eine Gefahr darstellen, wenn sie nicht vor dem Anzünden umgeschichtet werden, bereits abgebrannt.

Generell gilt: "Ein Igel, der am Tag unterwegs ist, benötigt oft Hilfe", erklärt Wellmanns. Ausnahme: eine Igelmutter mit Nachwuchs. Als Erstmaßnahme rät sie: "Eine ausbruchssichere Kiste (mindestens 50 Zentimeter hoch) mit Zeitungspapier auslegen und Wasser (keine Milch!) und Katzenfutter hineinstellen. Nicht jeder Igel braucht Hilfe, aber jede Hilfe muss richtig sein", erklärt sie. Wurmkuren, wie Tierärzte sie nach Aussage von Ulrike Wellmanns bei einem kranken Igel oft verabreichen, können einem geschwächten Igel jedoch eher schaden, als dass sie ihm helfen.

(hüls)
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