Schuhe, Kleidung, Ausrüstung Was man zum Laufen wirklich braucht

Kleve · Eignen sich Schuhe vom Discounter, welche Kleidung zieht man an und wer braucht eine Fitnessuhr? Für Lauf-Ausrüstung kann man viel Geld ausgeben. Nicht alles ist dabei sinnvoll, sagt Marco van Beek von Laufsport Bunert.

 Unser Autor Arnd Janssen (r.) schaut sich ein Laufschuhmodell, das Verkäufer Marco van Beek ihm empfohlen hat, genauer an.

Unser Autor Arnd Janssen (r.) schaut sich ein Laufschuhmodell, das Verkäufer Marco van Beek ihm empfohlen hat, genauer an.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Gerade für Laufanfänger stellen sich einige Fragen: Welcher Schuh aus der Fülle an Marken und Modellen ist der richtige? Genügt ein 20-Euro-Exemplar vom Discounter oder muss es ein Markenschuh von 150 Euro und mehr sein? Auch bei der richtigen Kleidung und sonstiger Ausrüstung ist die Auswahl groß. Marco van Beek, Inhaber des Fachgeschäfts Laufsport Bunert in Kleve plädiert dafür, sich nicht zu sehr von Technologie leiten zu lassen und Laufen puristischer zu sehen. Auch RP-Journalistenschüler Arnd Janssen lässt sich im Fachgeschäft beraten. Ein Überblick.

Schuhe Das Herz der Laufausrüstung sind die Schuhe. Darauf sollte auch die meiste Aufmerksamkeit beim Kauf fließen und der größte Teil des finanziellen Budgets verwendet werden. „Schuhe betreffen Gesundheit, vieles andere geht in den Komfort“, sagt van Beek. Er weiß aus langer Erfahrung: Wenn man ernsthaft an Laufsport interessiert ist und ihn länger ausüben möchte, sollte man hier investieren. „Nicht weniger als 120 Euro kostet ein guter Schuh, im Durchschnitt eher 150“, erklärt van Beek. „Eine Kundin erzählte mal von Knieproblemen, sagte, sie könne gar nicht mehr Laufen. Nach einer Beratung stellte sich heraus, es liegt eigentlich nur am Schuh.“

Wie läuft eine Schuhberatung? „Es gibt grundlegende Dinge, die abgefragt werden. Manche Kunden bringen Erfahrung mit, andere nicht. Wie häufig läuft er? Ist er Anfänger? Macht er auch andere Sportarten? Auf welchen Untergründen will er laufen?“, zählt van Beek auf. Die meisten Läufer brauchen einen Schuh, der sowohl für harten Asphalt als auch für weichen Waldboden geeignet ist, einen Allrounder. Wer seinen alten Schuh noch hat, kann diesen zur Beratung mitbringen – unter anderem anhand der Abnutzung können sich Berater wie van Beek weitere Erkenntnisse verschaffen. Auch das Gewicht fragt er manchmal ab, es ist wichtig für die Schuhauswahl; allerdings lasse es sich manchmal auch durch einen prüfenden Blick einschätzen.

 Eine Kamera nimmt den Laufstil auf. So kann dieser später am PC analysiert werden.

Eine Kamera nimmt den Laufstil auf. So kann dieser später am PC analysiert werden.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Ohnehin ist es für van Beek zentral, den Kunden genau anzuschauen. Hüftstellung, Fußachse und Beinachse, also die Frage, ob das Schienbein oberhalb des Schuhs gerade verläuft, sind nicht nur aus orthopädischer Sicht wichtig, sondern auch bei der Vorauswahl für passende Schuhmodelle.

Der Kunde sollte dann am besten mit den Socken anprobieren, mit denen später auch gelaufen wird, van Beek bietet aber auch jedem ein Paar Probe-Laufsocken an. Dann geht der Kunde aufs Laufband. Der Verkäufer schaut sich den Laufstil des Läufers genau an, erkennt mögliche Fehlstellungen und kann sehen, ob das Modell zum Tester passt. Eine Kamera nimmt die Beine beim Laufen von hinten auf.

 Marco van Beek (r.) von Laufsport Bunert erklärt Arnd Janssen die Vorzüge einer Funktions-Laufsocke.

Marco van Beek (r.) von Laufsport Bunert erklärt Arnd Janssen die Vorzüge einer Funktions-Laufsocke.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Die Analyse ist aber nur ein Teilwerkzeug, wichtiger ist der direkte Kontakt mit dem Kunden: „Ich gucke mir an: Wer steht da vor mir? Sehe ich die Probleme nur aus meiner Perspektive oder sind meine Analysen auch hilfreich für den Kunden.“ Bei allen Hilfsmitteln seien die Bedürfnisse des Läufers immer noch vordergründig. Während der Durchschnittläufer zwei oder drei Mal die Woche fünf bis zehn Kilometer läuft, mag ein „Crack“ zwei Mal wöchentlich über die Halbmarathondistanz gehen. Auch ein Verletzungshintergrund kann einen Einfluss haben.

Auch ich probiere ein Modell an. Ich weiß, dass ich „Überpronierer“ bin, also beim Einrollen etwas zu stark nach innen abknicke. Knick-Senkfuß sei Dank. Seit dem letzten Schuhkauf vor vier Jahren trage ich einen Stabilitätsschuh, dazu orthopädisch verordnete Einlagen. „Eine Einlage kann schon Sinn machen, wenn sie orthopädisch empfohlen wird. Sie kann aber auch störend sein oder einfach über korrigieren“. Allgemein werde in der Laufszene mit Begriffen wie „Überpronation“ oder „Supination“ (Abknicken nach Außen) vorsichtiger umgegangen als noch vor ein paar Jahren. Diese begriffen Abweichungen von der „optimalen“ Fußstellung in erster Linie als Problem, das der Schuh mit der entsprechenden Stütze begradigen müsse. „Der Fuß wurde im Schuh quasi wie in ein Korsett gesteckt“, sagt van Beek. Mittlerweile gehe der Trend wieder mehr zu Neutralschuhen, bei denen der Fuß mehr selbst arbeitet und so die Muskulatur trainiert. Dennoch könne ein Schuh immer noch schräge Fußachsen oder auch leichte O-Beine ausgleichen.

Bei mir ergibt der Test: Ich stehe zu schräg in den Schuhen, sie halten mich nicht gut, zumindest nicht ohne viel eigenes Fußmuskeltraining. Ein zweites Modell steht gleich parat. Es fühlt sich deutlich besser an, mein Fuß steht stabiler und ich fühle mich sicherer. Meine Ferse ist beim Laufen auch sicherer positioniert. Es ist zwar wieder eher ein „Stabilitätsschuh“, aber ich bin froh, auch ein anderes Modell getestet zu haben.

An Größen sollte man sich nur grob orientieren. Jeder Schuh fällt anders aus, sogar innerhalb einer Marke. „Die Aussage, ‚ich hatte immer 45‘, funktioniert nicht“, sagt van Beek. Das spricht wiederum für die Beratung am Kunden. Und das wiederum war während der Corona-Lockdowns ein großes Problem: „Viele Leuten fingen neu mit dem Laufen an, bestellten sich online Schuhe, ohne sie vorher zu testen oder nutzten erst mal ihre Freizeitschuhe. Das führt häufig zu Problemen.“

Ein Daumen breit Platz vorne sollte es in etwa sein. Verkäufer überprüfen das stets. Beim Schnüren sollte man sichergehen, die Ferse fest hinten zu positionieren und die Schuhbänder dann von unten nach oben leicht nachzuziehen. Passt der Schuh und ist er gekauft, sollte man schon drei bis vier Läufe zum Eingewöhnen einplanen – und nicht direkt einen Marathon damit laufen. Marken seien übrigens völlig irrelevant, sagt van Beek. „Die lasse ich bei der Beratung außen vor.“ Wie viel Dämpfung ein Läufer für seine Lieblingsstrecken braucht, sollte im Verkaufsgespräch auch abgestimmt werden. Sie ist bei der Wahl des Schuhs aber weitaus weniger zentral als die Fuß- und Beinform.

Weitere Ausrüstung Was wird außer der Schuhe noch benötigt? Marco van Beek folgt hier eher dem Prinzip: So wenig wie möglich, so viel wie nötig. „Man kann natürlich auch mit Jeans und Hemd raus“, sagt er grinsend. Auch ein Baumwoll-Shirt oder Kapuzenpulli geht – dies sei aber eher was für den Sommer. Dann habe ein verschwitztes Oberteil nämlich auch einen kühlenden Effekt. Den gäbe es bei Socken eher nicht, daher sind atmungsaktive Laufsocken sinnvoll, sie sind für unter 20 Euro zu haben. „Wichtig finde ich Funktionsunterwäsche, die den Schweiß besser abtransportieren können“, sagt van Beek. Dazu eine Laufhose aus Kunstfaser, ein Shirt, kurzärmelig oder langärmelig. Der Preis? „Da gibt‘s von bis“, sagt van Beek. Bei Bunert kostet ein Laufshirt zwischen 30 und 70 Euro, eine Hose 60 bis 90 Euro. Für Herbst und Winter empfiehlt er: „Eine winddichte Jacke ist sehr wichtig, sonst kann es fies werden“. Für 150 Euro bekomme man ein gutes, langlebiges Produkt.

Abseits der Strecke empfiehlt der Laufexperte einen Laufgürtel für Schlüssel, Handy oder auch Trinkflasche sowie Pfefferspray für den Notfall im Wald. Reflektoren und eine Stirnlampe sind vor allem für die dunkle Tageszeit essenziell.

Was man nicht braucht Ein großes und teils sehr kostspieliges Trendprodukt sind Fitnessuhren. „Für Herzpatienten, aber auch Anfänger kann eine Uhr ein Ratgeber sein, um die Herzfrequenz zu überwachen und zu sehen, wenn das eigene Tempo zu hoch ist“, sagt van Beek. In jedem Fall sollte man einen Brustgurt zur Messung dazukaufen, dieser ermögliche genauere Werte als die reine Messung am Handgelenk. Sicher müsse aber nicht jeder mit einer Uhr laufen, denn diese könne auch ablenken und bremsen – zu einer Mindestausrüstung gehört sie also nicht. Laufwesten- und Rucksäcke, die körpernah Ausrüstung verstauen können, sind auch rein optional und sicher eher spezifisch für Geübte und Marathonläufer zu empfehlen. Generell ist die Ausrüstung eher zweitrangig.

Bei Unsicherheit sei der „Input eines erfahreneren Läufers gerne einzuholen“. Am wichtigsten findet van Beek: „Laufen macht Spaß, und den Spaß kann man auch ausleben.“

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