Neustart Zukunftspläne für das Schuh-Museum

Der Verein „Kleefse Schüsterkes“ stand vor dem Aus. Doch mit neuem Vorstand liegen wieder Ideen für die Ausstellung auf dem Tisch. Mit Aktionswochen und Zielgruppenwerbung will man ab dem Herbst mehr Besucher gewinnen.

 Stefan Beckers wurde bei der Jahreshauptversammlung zum neuen Vorsitzenden des Vereins gewählt.

Stefan Beckers wurde bei der Jahreshauptversammlung zum neuen Vorsitzenden des Vereins gewählt.

Kleve Die Tendenz war in den vergangenen Jahren überdeutlich: Immer weniger Besucher fanden den Weg ins Klever Schuh-Museum. Waren es 2012 noch mehr als 1200, kamen 2019 nur noch halb so viele. Zudem war der Mangel an ehrenamtlichen Helfern groß. Sogar eine Auflösung des Vereins „Kleefse Schüsterkes“ stand im Raum, weil der Vorsitzende Theo Knips trotz großer Anstrengungen keinen Nachfolger fand. Doch überraschend drehte sich das Blatt. Bei der Jahreshauptversammlung wurde Stefan Beckers zum Vereinschef gewählt, Norbert Leenders wiederum zum Vize-Vorsitzenden.

Die Männer haben nun reichlich Ideen, um die Zukunft des Museums zu gestalten. „Es geht uns nicht darum, jetzt alles anders zu machen. Was geschaffen wurde, ist eine tolle Leistung und eine starke Basis. Nun geht es darum, neue Entwicklungen anzustoßen“, sagt Stefan Beckers. Auf die Ausstellung in der Siegertstraße können die Gründerväter stolz sein. Auf zwei Etagen und 300 Quadratmetern wird die Bedeutung der Schuhbranche für die Region offenkundig. Die Räumlichkeiten befinden sich seit dem Frühjahr 2010 im früheren Betriebsgebäude der Gustav-Hoffmann-Schuhfabrik, „Elefanten“.

Sonntagnachmittags waren Besuche bislang möglich, von 14 bis 17 Uhr wurden Gäste herumgeführt. Ehrenamtliche warteten sehnsüchtig auf Gäste. Doch im Durchschnitt kamen vor Corona nur vier Besucher pro Tag, mitunter auch niemand. „Es ist doch total frustrierend, wenn du deinen Sonntag ehrenamtlich hier verbringst und niemand kommt. Daher wollen wir dafür sorgen, dass sich diese Zahlen ändern. Die freiwillige Arbeit muss wieder mehr Spaß machen“, sagt Beckers. Auch die Zahl der Mitglieder war in den vergangenen Jahren deutlich rückläufig. Waren es einst 58, gehören den „Kleefse Schüsterkes“ heute noch 31 Mitglieder an. „Es ist in den vergangenen Jahren leider nicht gelungen, jüngere Menschen zu gewinnen. Allerdings haben wir nun fünf Neumitglieder bekommen. Diesen Weg wollen wir weitergehen“, so der Vorsitzende, dessen Vater Schuster in Pfalzdorf war.

Zudem wolle man Zielgruppen direkter ansprechen. „Damit wollen wir Museumsmuffel gewinnen, die bislang vielleicht noch gar nicht wissen, dass es uns gibt“, sagt Norbert Leenders. So wolle man sich etwa direkt an Eltern von Kleinkindern, Sportler, Träger von Sicherheitsschuhen, Karnevalisten oder Diabetiker wenden. Menschen, die auf großem Fuße leben, will man ebenfalls in den Fokus nehmen. „Wir könnten eine Art Wettbewerb organisieren, wer den größten Schuh von Kleve trägt. Wir stellen auch überdimensionale Schuhe aus, die wir sehr gerne zeigen“, sagt Stefan Beckers. Sportlern wolle man die Entwicklung zum heutigen Fußballschuh illustrieren, Arbeitern moderne Fertigungsmethoden. Diabetikern soll erklärt werden, worauf beim richtigen Schuh zu achten ist.

Immer wieder wolle man zeitlich begrenzte Aktionen initiieren. „Mit diesen Projekten wollen wir das Vergangene mit dem Aktuellen verbinden. Wir bleiben dabei dem Auftrag unserer Satzung treu, dass wir neben der historischen Bedeutung der Schuhindustrie für die Stadt auch die Entwicklung der Technologie und ein Verständnis für Qualitätsschuhe vermitteln wollen“, sagt Beckers. Dabei werde er sich am Aldi-Prinzip orientieren: Durch Aktionsware in den Gängen lockt man Kunden, die dann in der Regel weitere Produkte kaufen. „Wir werden einige Aktionen versuchen. Wenn sie angenommen werden, ist das klasse. Und sonst überlegen wir uns wieder etwas anderes“, sagt Norbert Leenders.

Auch die Öffentlichkeitsarbeit wolle man gezielt ausbauen. In konventionellen Medien, aber auch in Social Media. Zudem hofft der neue Vorstand darauf, mehr Niederländer anzuziehen. „Die Grenze ist so nahe. Doch kaum ein Niederländer weiß, dass es uns gibt“, sagt Beckers. Mit zweisprachigen Flyern wolle man in Hotels, Ferienwohnungen oder Cafés für die Ausstellung werben. Vorerst aber bleibt die Türe des Schuhmuseums geschlossen. Vom 4. Juli bis zum 11. September gibt es keine regulären Öffnungszeiten mehr, Führungen sind auf Anfrage allerdings möglich. „Wir werden uns als Vorstand in den nächsten Monaten sortieren und mit den vielen Ideen im Herbst durchstarten“, sagt Norbert Leenders, Chef der Schuhfabrik Otten & Leenders an der Kapellenstraße in Materborn.

Derweil ist den neuen Verantwortlichen auch daran gelegen, das Vereinsleben zu stärken. So soll künftig monatlich ein Treffen der Mitglieder stattfinden. Zudem will man noch in diesem Jahr das zehnjährige Bestehen des Museums feiern, das Fest war wegen Corona verschoben worden. „Dafür werden wir einen Vergnügungsausschuss gründen, der diese Veranstaltung ausrichtet. So wollen wir nicht nur Geburtstag feiern, sondern auch neue Interessenten gewinnen“, sagt Stefan Beckers. Ab 2023 soll jährlich ein Schusterfest stattfinden, auch Bildungsfahrten könnten künftig auf dem Programm stehen.

„Die Geschichte der Schuhindustrie in Kleve ist in all ihren Facetten hochspannend. Sie muss aber noch stärker den Weg in die Öffentlichkeit finden“, so Norbert Leenders. Er träumt davon, dass künftig Schilder darauf hinweisen, wo vor Jahrzehnten noch Schuhfabriken standen. Schließlich waren die Dimensionen beeindruckend: 9,4 Millionen Schuhpaare produzierte der größte deutsche Kinderschuhhersteller Elefanten 1970. Und auch Innovationen kamen aus der Kreisstadt. Gustav Hoffmann hatte 1896 den rechten und linken Kinderschuh erfunden.

Die Erfindungen setzten sich auf dem Markt durch – und die Erinnerungen werden in Kleve wachgehalten. „Hier im Museum kann man Fotobücher durchschauen. Wenn Klever kommen, werden die Fotos genau studiert. Dann suchen die Leute nach Großvätern, Kollegen oder früheren Meistern. In den Köpfen vieler Menschen spielt die Schuh-Ära weiter eine große Rolle. Und daher gibt es dieses tolle Museum“, so Beckers.

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