Kleve Schuberts Trauma im Ohr

Kleve · Das Sommerkonzert des Collegium Musicum im Innenhof der Klever Schwanenburg

Traditionsgemäß hatte das Collegium Musicum Kleve unter der Leitung von Johannes Feldmann zum Sommerkonzert geladen. Unter dem beschirmten Innenhof der Schwanenburg füllten sich die Stuhlreihen wieder bis fast auf den letzten Platz, obwohl das heiße Wetter eine frische Brise zu wünschen ließ. Für die Musiker musste dies umso anstrengender gewesen sein - jedoch meisterten alle Beteiligten ihre Sache mit Bravour. Verstärkt wurde das Streicher-Collegium durch Bläser.

Das Konzert begann mit Mozarts Serenata Notturna D-Dur, das in drei Sätzen ein Wechselspiel von Orchester und Solisten zelebrierte. Das Musizieren der Solistengruppe aus zwei Violinen, Viola, Kontrabass und Pauken wurde im abschließenden Rondo-Satz mit zahlreichen humorvollen Elementen an Stelle der zu verzierenden Eingänge gewürzt - ironische Einsprengsel der Solisten, die das humorvolle Werk mit Spielwitz aufgriffen und für niveauvolle Erheiterung sorgten. Für das folgende Mozart-Konzert für Oboe und Orchester KV 314 (auch als Flötenkonzert sehr bekannt) trat Oboist Keita Yamamoto vor das Publikum. Das Collegium Musicum bot hier eine wohlklingende, einfühlsame Begleitung, über der sich der Solist entfalten konnte. Yamamoto gefiel in der Natürlichkeit dieses Zusammenspiels; er kehrte virtuose Momente nach außen, schattierte seine Interpretation fein ab und ließ die Kadenzen spielfreudig klingen. Nach der Pause entführte die Symphonie Nr. 7 h-Moll, die "Unvollendete", in das Seelenleben des Komponisten Franz Schubert. Der erste Satz öffnete schön ausparaphrasiert mit einem Pianissimo der Bässe und der Celli. Darauf antworteten Oboe und Klarinette, die das erste Thema einführten, welches sich mehrfach wiederholte. Die folgenden Themen wurden geschlossen und kohärent geboten; die süße erste Melodie war es, die durch ihre ständige Wiederholung als Ausdruck von Schuberts Trauma im Ohr blieb. Wie Schubert in der Musik, einem Traum gleich, seinem Vater (der den Komponisten des elterlichen Hauses verwiesen hatte) "versöhnt und liebend" in die Arme fällt, bleibt die Musik nach dem zweiten Satz ein Torso mit offenen Wunden - die Komposition unvollendet; aber der Vortrag der Collegiums darin farbenreich und klar zwischen Verzweiflung und süßem Schmerz. Das Schroffe, was Schuberts Unvollendete ausmacht, erschien in der lichten Open-Air-Atmosphäre der Schwanenburg keineswegs in einem zu milden Licht, das Kantable wurde im Kontrast schön ausgekostet.

Als "Schmankerl" erklang zum Abschluss Johannes Brahms' Ungarischer Tanz Nr. 5, nicht zu flott, aber mit viel "Schmiss", der Musiker und Zuhörer ansprach. In der Zugabe wurde gar zum Mitklatschen animiert, was die Zuschauer zu stehenden Ovationen hinriss. Dem Collegium Musicum gelang auch dieses Jahr mit dem Sommerkonzert, die musikalischen "Leckerbissen" unter (nahezu) freiem Himmel zu spielen, die Wetterlage einzubeziehen, dabei sichtlich Spielfreude zu vermitteln und die Musikliebhaber auf hohem Niveau zu unterhalten.

(RP)
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