Kleve Rücksichtslos im Reichswald unterwegs

Kleve · Als Naherholungsgebiet kommt dem Forst eine größere Bedeutung zu. Durch mehr Besucher steigt aber auch die Zahl der verursachten Schäden. Mountainbiker, Geocacher oder Grillfreunde halten sich nicht an die Vorschriften.

Manche kommen vom Weg ab, aber bewusst. Und der Wald leidet darunter. Die Zahl der Schäden, die im Forst verursacht werden, nimmt seit Jahren zu. Ein Grund dafür ist, dass die Zahl der Besucher steigt. Hanns-Karl Ganser (61), der unter anderem für die Bewirtschaftung des Staatswalds im Regionalforstamt Niederrhein zuständig ist, kann es beurteilen. Seit 35 Jahren ist er Förster, 25 Jahre davon kümmert er sich um den Reichswald. "Der Wald wird aufgrund von mehr Freizeit verstärkt als Naherholungsgebiet genutzt", sagt Ganser. Die höhere Nutzung führe auch zu mehr Schäden, so der der 61-Jährige, der erklärt: "Mehr als 90 Prozent der Menschen, die in den Reichswald gehen, halten sich an die Regeln. Doch steigt die absolute Zahl derer, die Probleme bereiten." Recht weit oben auf der Liste jener, die sich rücksichtslos verhalten, stehen Mountainbiker.

Revierförster Stefan Spinner (56) ist täglich im Wald unterwegs. Er muss regelmäßig Schäden beseitigen, die von den Geländefahrern verursacht wurden: "Die schlimmsten sind die sogenannten Dirty Biker (schmutzige Fahrer, d. Red.). Diese bauen abseits der Wege Sprungschanzen auf oder auch Stege über Schützengräben. Wir sleppen hier regelmäßig etliche Holzpaletten aus dem Wald." Wer mit dem Mountainbike im Wald unterwegs ist, darf ausschließlich auf festen Wegen fahren. Unbefestigte Teilstrecken werden von den Fahrern in Sandkisten umgewandelt, da diese nur zum Spazierengehen geeignet sind. "Aber an diese Vorgaben halten sich viele nicht. Das Besondere für Mountainbiker ist gerade die Fahrt abseits der Wege. In manchen Bereichen des Waldes haben wir den Kampf, die Ordnung einzuhalten, schon verloren", sagt Ganser mit einem Hauch Resignation. Sein Bestreben ist es, den Forst für die Bevölkerung zu erhalten.

Doch ist eine andere Gruppe für den Wald wesentlich gefährlicher als die Querfeldeinfahrer. Es sind Besucher, die im Forst campen und grillen. "Per Zufall haben wir zwei Waldbrände noch rechtzeitig entdeckt, die durch einen Kocher oder Grill ausgelöst wurden", sagt Spinner. Ein aufmerksamer Spaziergänger hatte den Rauch bemerkt und dies sofort gemeldet. "Campen im Wald ist in Mode gekommen. Was neben möglichen Gefahren hinzukommt, ist, dass die Orte vermüllt hinterlassen werden", sagt Spinner.

Es ist nicht erlaubt, abseits der Wege zu fahren. Auch darf man keine Kulturen, Dickungen sowie Schutzgebiete betreten. Der Reichswald, so Spinner, sei preußisch angelegt, nämlich in große Rechtecke unterteilt und verfüge dadurch über eine hohe Wegedichte, auf denen man sich bewegen kann, erklärt er. "Wir wollen nicht, dass durch die Bestände gefahren wird", sagt der Revierförster. Machtlos sei er selbst dann, wenn er mal Mountainbiker erwische, da er diese nur schwer stellen könne.

Zumindest Teile einer anderen Gruppe, die bei den Waldaufsehern nicht ganz oben auf der Beliebtheitsskala stehen, sind Geocacher. Geocaching ist eine Art elektronische Schnitzeljagd, bei der Schätze gefunden werden müssen. Doch werden Schätze auch gern dort versteckt, wo man eben nicht marschieren sollte. "Besonders ärgerlich sind die Spieler, die in der Nacht durch den Wald rennen und sich an Reflektoren orientieren. Das ist für die Natur ein Problem", sagt Ganser. Dass die Suche sich auch dazu eignet, Leib und Leben in Gefahr zu bringen, musste Spinner feststellen: "Da turnte einer neun Meter hoch in einem Baum herum und suchte den Schatz. Der war da mit Leinen und Seilen hochgeklettert."

Ebenso halten sich auch nicht alle Hundebesitzer an die Vorgaben. Die Tiere dürfen unangeleint durch den Wald laufen. Jedoch dürfe er nicht kreuz und quer herumstreunen, so Spinner. Die Halter müssen gewährleisten, dass der Hund auf Zuruf kommt. Das Rasen abseits der Wege kann auch unangenehme Folgen für den besten Freund des Menschen haben. "Auf einen Hund, der sich ins Dickicht verschlagen hatte, wartete sein Herrchen vergebens. Er war einem Wildschein begegnet. Das Wildschein war stärker", sagt Spinner. Ein Grund, warum es schwieriger ist, im Wald für mehr Ordnung zu sorgen, ist die Größe des Reviers. "Als ich meinen Dienst im Reichswald angetreten habe, hatte ich 1000 Hektar zu betreuen. Jetzt sind es mit 1900 nahezu doppelt so viel", sagt Spinner, der zufrieden wär, wenn man sich allein an einem Hinweis halten würde: "Wir sind nur Gäste im Wald."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort