Kleve/Goch Reservisten: Appell für den Frieden

Kleve/Goch · Bundeswehr-Reservisten haben der Toten des Zweiten Weltkriegs gedacht. In den Kämpfen vom 8. Februar bis zum 2. März 1945 starben im Reichswald 15 000 Menschen. Der Krieg war dort für Hitler-Deutschland längst verloren.

 Veranstalter Mark Olaf Janssen (vorne li.) und Oberstleutnant der Reserve Martin Geelen (vorne re.) erinnern mit Kameraden an die Kriegsopfer.

Veranstalter Mark Olaf Janssen (vorne li.) und Oberstleutnant der Reserve Martin Geelen (vorne re.) erinnern mit Kameraden an die Kriegsopfer.

Foto: Evers

"Was machen Reservisten der Bundeswehr morgens auf einem Friedhof gefallener Alliierten?", fragt der Oberstleutnant der Reserve Martin Geelen und gibt sich die Antwort gleich selbst: "Wir gedenken der alliierten Gefallenen, weil wir ihnen sehr viel zu verdanken haben."

Reservisten der Kameradschaft Straelen haben sich gemeinsam mit einigen Gästen am Britischen Ehrenfriedhof in Reichswalde getroffen, um an die Opfer der Schlacht im Reichswald zur erinnern — auf beiden Seiten. "Wir verurteilen nicht pauschal unsere Vorfahren, das wäre zu einfach", betont Geelen. Die Route der militärhistorischen Exkursion führte über drei Punkte: Vom Ausgangspunkt Ehrenfriedhof ging es an die Straßenkreuzung Grunewald, 1945 Schauplatz heftiger Gefechte. Zum Schluss fuhr die Gruppe zur Kesseler Straße nach Goch-Asperden, wo heute noch deutliche Kriegs-Spuren zu sehen sind.

"Ziel ist es, sich an die Kämpfe hier im Reichswald zu erinnern und für den Frieden zu mahnen", sagt Veranstalter Mark Olaf Janssen. Dazu haben sie den Co-Autor des Buches "1945 am Niederrhein", Wolfgang Endemann, eingeladen. Er berichtet über den historischen Kontext, kennt die Zahlen, hinter denen sich tausende Schicksale verbergen. "Vom 8. Februar bis zum 2. März 1945 hat die Schlacht im Reichswald gedauert", sagt Endemann.

Und das, obwohl die Alliierten vorgehabt hätten, von Groesbeek (Niederlande) aus in drei bis vier Tagen in Wesel zu sein. Daraus wurde aber nichts. "Im Februar und März 1945 war hier am Niederrhein nasses, frostfreies Wetter. Die Wege durch den Wald waren komplett verschlammt", sagt der Autor. Darüber hinaus sei der Reichswald "ein großes Geländehindernis und für die Alliierten unübersichtlich gewesen", so Endemann. Etwa 15 000 deutsche Soldaten hätten sich zu der Zeit noch in Nähe der Front am Reichswald aufgehalten, ihnen rückten beim ersten Angriff 80 000 Alliierte entgegen, erzählt er.

Kanadier, Briten — meist nicht älter als Mitte zwanzig, oft deutlich jünger. Die Wehrmachtssoldaten machten sich das Terrain zu eigen, sprengten die Deiche von Rhein und Waal, um die Rheinniederungen zu fluten. Zwischen 12 000 und 15 000 Menschen sind in den Kämpfen im Reichswald gefallen. "Hier sind die letzten kampfkräftigen Truppen regelrecht verbraucht worden", beschreibt Endemann das Geschehen. "Manche Einheiten haben sich in Kompaniegröße ergeben, andere haben bis zum bitteren Ende gekämpft", sagt der Autor.

Dabei war war der Krieg für das Dritte Reich zu dem Zeitpunkt längst verloren. Zwei Monate später unterzeichnet Generaloberst Alfred Jodl die bedingungslose Kapitulation der deutschen Truppen. Wie entscheidend die Schlacht im Reichswald auf dem Weg der Alliierten in das Ruhrgebiet, also das industrielle Herz des Dritten Reichs, war, ist bei Historikern umstritten. "Von englischer Seite wird die Schlacht zuweilen recht stiefmütterlich behandelt", sagt Endemann. Mann müsse aber bedenken, dass es nach den Kämpfen keine feste Frontlinie mehr gegeben habe, sondern nur noch einzelne Orte verteidigt worden seien. Stiller Zeuge der Schlacht ist bis heute der Britische Ehrenfriedhof im Reichswald, der größte Kriegsgräberfriedhof des Commonwealth in Deutschland. Auf ihm befinden sich 7654 Grabstätten, allesamt stehen bis heute für eine Botschaft: Nie wieder.

(lukra)
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