Kreis Kleve Relikte erinnern an Schrecken der Kriege

Kreis Kleve · Der Landschaftsverband hat archäologische Zeitzeugen der Weltkriege untersucht und systematisch erfasst. Erschienen ist ein Geländeführer zu den Kriegsrelikten, einige davon sind auch im Kreis Kleve zu finden.

 Wolfgang Wegener an der freigelegten Landesbefestigung in Elten.

Wolfgang Wegener an der freigelegten Landesbefestigung in Elten.

Foto: van Offern

Ein Graben schlängelt sich in engen Kurven bei Emmerich-Elten durch den Wald. Malerisch zwängen knorrige Bäume ihre Wurzeln durch die Spalten zwischen von Wind und Wetter rundgeschliffenen, moosbewachsenen Betonbrocken. Was kaum einer weiß: Die Spur im Wald war mal ein Schützengraben.

Die Windungen sollten verhindern, dass Feinde eine Sicht- und Schusslinie zum anderen Ende hätten. Die Betonbrocken wiederum sind die Überreste von Bunkeranlagen. "Wir haben es in Elten mit einer Befestigung des Rheintales in Richtung Niederlande zu tun", erklärt Wolfgang Wegener vom Landschaftsverband Rheinland (LVR).

Bei Elten findet sich die einzige Landesbefestigung Deutschlands aus dem Ersten Weltkrieg. "Genutzt" wurden diese Vorrichtungen nie. Es gab dort im Ersten Weltkrieg keine Kämpfe, und die Niederlande verhielten sich neutral. Aber das war den Deutschen damals nicht geheuer: Es galt, das Ruhrgebiet mit seiner Rüstungsindustrie vor einem möglichen Vormarsch der Alliierten zu schützen.

 Ein Relikt des "Kalten Krieges" sind die Munitionsdepots in Twisteden.

Ein Relikt des "Kalten Krieges" sind die Munitionsdepots in Twisteden.

Foto: Wiebke Hoppe

Wälle, Bunker und Schützengräben waren in drei hintereinander angeordneten Linien gebaut. In den Jahren 1916 und 1917 errichtet, erstreckte sich die gesamte Befestigung über viele Kilometer von Elten über heute niederländisches Gebiet bis zur Westspitze des Reichswaldes bei Kleve.

Die Landesbefestigung, die ein Projekt größter Geheimhaltung war, ist eine von vielen Zeitzeugen der beiden Weltkriege, die Experten untersucht haben. Inzwischen ist zu dem Projekt "Archäologische Kriegsrelikte" ein Geländeführer mit 356 Seiten erschienen, der 73 Relikte erläutert, darunter neun aus dem Kreis Kleve wie Feldstellungen im Reichswald, den früheren Flughafen Laarbruch oder die Bunkeranlagen in Kevelaer-Twisteden.

Der Geländeführer soll die Leser zu einer Spurensuche in der Vergangenheit einladen. Mit Texten, Bildern und Karten bietet er einen Wegweiser, 73 sehenswerte Boden- und Baudenkmäler vor Ort selbst zu erkunden und sich mit diesen Relikten auseinanderzusetzen. "Erstmals in Deutschland stellen wir mit diesem Geländeführer archäologische Kriegsrelikte vor - noch dazu mit der Besonderheit, dass auch Objekte des Kalten Krieges beschrieben werden", so Dr. Wiebke Hoppe, Projektleiterin im LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland.

 Ein Relikt des "Kalten Krieges" sind die Munitionsdepots in Twisteden.

Ein Relikt des "Kalten Krieges" sind die Munitionsdepots in Twisteden.

Foto: Wiebke Hoppe

Viele Relikte sind bislang kaum bekannt gewesen, wie eben die einzige Landesbefestigung Deutschlands von Kranenburg bis Emmerich mit im Wald gut sichtbaren Deckungsgräben und Bunkern.

Die traurigen Folgen des Krieges bezeugen Luftschutzanlagen, Kriegsgefangen- und Zwangsarbeiterlager, aber auch die zahlreichen Friedhöfe und Kriegsdenkmäler.

Auch Hinterlassenschaften des Kalten Krieges wie Munitionsdepots in Brüggen und Kevelaer sowie Raketenstationen in Neuss und Sonsbeck gehören zu den vorgestellten Relikten, die 25 Jahre nach Ende dieser Epoche diesen Teil der Vergangenheit im Rheinland erfahrbar machen.

Der Geländeführer ist ein Ergebnis des Projektes "Inventar der archäologischen Kriegsrelikte im Rheinland" vom LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland in Zusammenarbeit mit dem Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz. Finanzielle Förderung gab es vom NRW-Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr. Für das Projekt haben Archäologen mehr als 200 neue Objekte erfasst, davon 100 aus der Zeit des Kalten Krieges, 60 aus dem Ersten Weltkrieg. Der bereits umfassende Bestand von Objekten aus dem Zweiten Weltkrieg wurde um 40 Relikte ergänzt. Das Buch ist im Klartext-Verlag erschienen und kostet 17,95 Euro.

(RP)
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