Kreis Kleve Ramacher: Grün, aber nicht typisch grün

Kreis Kleve · Der Landratskandidat der Grünen ist ein Mann aus der Wirtschaft. Deshalb setzt er andere Akzente als man bei einem Grünen üblicherweise erwartet. Sein Fachbereich ist von Berufs wegen die Umwelttechnologie.

Die "unsägliche CDU-Mehrheit des Kreises Kleve" muss dringend gebrochen werden, sagt Dr. Ludwig Ramacher. Er sieht in der Kreisverwaltung und der Mehrheitspolitik eine "extrem konservative Struktur". Der Landratskandidat der Grünen findet, dass der Kreis Kleve "der unmodernste Kreis ist, den wir in NRW haben". Als Beispiele nennt er "Tempo 30 vor Schulen", das es in den Kreis-Kommunen flächendeckend bis heute nicht gibt, und die Genehmigungspolitik. Wie leicht nach seiner Wahrnehmung Großställe und Industrieanlagen zugelassen werden, das sei höchst bedenklich. Den Tierschutz zu vernachlässigen - das rege viele Bürger auf. "Ich hab' auf meiner Facebook-Seite einen Bericht und ein Foto stehen von der Entenaufzucht und Entenjagd und damit so viel Interesse erzielt wie sonst mit kaum einem Thema", berichtet er.

Ludwig Ramacher ist Wachtendonker und 58 Jahre alt. Er wurde im Februar von seinem Kreisverband mit 100 Prozent Zustimmung gewählt - und das, obwohl Ramacher, wie er selbst einräumt, nicht "Grüner Mainstream" ist. Der promovierte Chemiker ist in der Entsorgungswirtschaft tätig, und zwar bei dem riesigen Konzern Remondis. Als Leiter des internationalen Vertriebs hat er sogar schon Mülltransporte aus Neapel in den Regierungsbezirk Düsseldorf organisiert - dazu als Grüner zu stehen verlangt schon Rückgrat. "Ich habe das auch gegenüber der damaligen NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn vertreten", erinnert er sich. Denn wichtige Themen wie der Umweltschutz dürften nicht an Landesgrenzen gebunden sein. Besser am Niederrhein professionelle Müllverbrennungsanlagen nutzen als in Neapel die Müllberge erhöhen.

Viele Gedanken hat sich Ramacher auch über das Flüchtlingsproblem gemacht. "Aber ich denke dabei gar nicht so sehr über die Unterbringung der Menschen nach, sondern halte die Frage für viel wichtiger, wie wir einen Gewinn aus dem Zuzug ziehen könnten." Als Mann aus der Wirtschaft verlangt er, dass aus dem Input auch ein Vorteil erwächst: "Sehr viele Firmen suchen Mitarbeiter, die sie nicht finden. Unsere Volkswirtschaft braucht die Migranten als Arbeitskräfte." Da sie fraglos Sprachkurse benötigten, s

Auch bei einem ganz anderen Thema fragt er, ob sich die Ausgabe rechne: "In der Region wird viel in den Bereich Tourismus investiert. Aber was hat der Kreis davon tatsächlich? Ein Großteil der gastronomischen Betriebe zahlt doch kaum Gewerbesteuer." Auch die Zahl der Arbeitsplätze müsse größer werden, damit die Allgemeinheit profitiere.

Thema Windkraft im Reichswald: "Da werde ich oft drauf angesprochen, klar, dass auch ich die Anlagen lieber anderswo sähe als in unserem Wald. Aber wenn ein anderes Gebiet nicht zur Verfügung steht, sollte man sich in Erinnerung rufen, dass die Alternative zu Windkraftanlagen in riesigen Braunkohlelöchern besteht." Und solche Löcher, wie sie (nass oder trocken) etwa auch aus der hiesigen Kiesabgrabung resultieren, möchte Ramacher nun wirklich nicht sehen. Der niederrheinische Boden soll auch nicht durch zu viel Gülle belastet werden. Anders ausgedrückt: Die intensive Landschaft mit zu vielen Kühen und zuviel billiger Milch ist dem Grünen ein Dorn im Auge.

Andererseits freut es ihn, wie viele hochmoderne und ökologisch vorbildliche Unternehmen es im Kleverland gibt. Und: Er hat keinerlei Probleme mit dem Flughafen in Weeze.

Ramacher spricht nicht viel übers Sparen, plädiert an einer Stelle sogar dafür, mehr Geld auszugeben: "Für den Sozialbereich müsste sich der Kreis stärker engagieren. Dass zum Beispiel Familien, die für ihre behinderten Kinder Integrationshelfer brauchen, diese nicht bewilligt werden, ist nicht nur für sie persönlich eine Katastrophe. Der Kreis verliert deswegen auch diverse Prozesse, mit denen sich die Betroffenen wehren. Das wäre nicht nötig."

(RP)
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