Interview Erhalt des Ehrenamts ist größte Aufgabe

Der Leiter der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Kleve ist für weitere sechs Jahre wiedergewählt worden.

 Bürgermeisterin Sonja Northing überreicht Feuerwehr-Chef Ralf Benkel seine Ernennungsurkunde. Im Interview verrät Benkel, welche Ziele er sich für die nächsten sechs Jahren gesetzt hat.

Bürgermeisterin Sonja Northing überreicht Feuerwehr-Chef Ralf Benkel seine Ernennungsurkunde. Im Interview verrät Benkel, welche Ziele er sich für die nächsten sechs Jahren gesetzt hat.

Foto: Feuerwehr Kleve/Feuerwehr Fleve

Herzlichen Glückwunsch zur Wiederwahl! Sie sind seit sechs Jahren Wehrführer. Dennoch wird es viele Klever geben, die Sie nicht kennen. Erzählen Sie doch bitte ein bisschen über sich.

Ralf Benkel Vielen herzlichen Dank. Als Sohn eines Bundeswehroffiziers habe ich als Kind aufgrund ständiger Standortwechsel meines Vaters häufig den Wohnort gewechselt. Vor dem Abitur sind wir dann in Flintsbach am Inn (BY) sesshaft geworden, wo meine Feuerwehrausbildung begann. Nach meiner Zeit als Offizier bei der Bundeswehr habe ich Wirtschaftsingenieurwesen studiert und danach immer im IT-Bereich gearbeitet; zunächst bei der Berufsfeuerwehr München und danach bis heute beim Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste in Duisburg, welches mein Ehrenamt auch unterstützt. Neben der Feuerwehr bin ich mit meiner Partnerin und meinem Sohn noch ehrenamtlich als Kampfrichter in der Leichtathletik und als Prüfer für das Deutsche Sportabzeichen tätig.

 Wie hat sich die Klever Feuerwehr unter Ihrer bisherigen Führung entwickelt ?

Benkel Wir haben vor allem die dringend erforderliche Digitalisierung komplett umsetzen können. So sind der  Sprechfunk und die Alarmierung digitalisiert worden. Gleichzeitig haben wir auch die Ausstattung kontinuierlich verbessern können – das muss aber konsequent weiter umgesetzt werden. Wir haben durch die Änderung der Alarmierungs- und Ausrückeordnung bei der Zielerreichung deutliche Verbesserungen erreichen können. Auch haben wir eine Einheit für die Psychosoziale Unterstützung der Einsatzkräfte bei schwierigen Einsätzen und eine Erkundungsgruppe mit Drohnentechnologie gegründet.

Vor einiger Zeit hat es Querelen innerhalb der Wehr und Austritte gegeben. Wie hat sich die Situation entwickelt und wie ist die Stimmung?

Benkel Von den damals sechs betroffenen Mitgliedern haben leider nur die wenigsten die Gesprächsangebote aus Feuerwehr und Stadtverwaltung  angenommen. Da wir aber niemanden aufgeben, sind wir immer noch in der Aufarbeitung. Die große Mehrheit der über 560 Mitglieder unserer Wehr nimmt die ehrenamtliche Aufgabe in der Feuerwehr mit Enthusiasmus und Engagement wahr.

Was wollen sie in den kommenden sechs Jahren umsetzen?

Benkel Die sechs Jahre werden davon geprägt sein, dass der Brandschutzbedarfsplan genehmigt, mit Leben gefüllt und umgesetzt wird. Wir überarbeiten gerade den  Bereich der persönlichen Schutzausrüstung. Mit der Stadtverwaltung werden wir hier in den nächsten Jahren hoffentlich einige Änderungen erreichen, um bestens gerüstet zu sein. Auch werden wir unsere Ausrüstung an den Stand der Technik anpassen müssen, um schneller und effektiver helfen zu können.

Was sind die großen Herausforderungen?

Benkel Die größte Herausforderung für die Feuerwehr Kleve ist der Erhalt der Ehrenamtlichkeit. Wir sind besonders stolz, dass Kleve eine der größten rein ehrenamtlich tätigen Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen hat. Das bedeutet aber auch überdurchschnittliche Anstrengung, die Unterstützung braucht. Aus der Jugendfeuerwehr werden wir in diesem und nächstem Jahr vermutlich acht Einsatzkräfte gewinnen. Ziel ist auch die Einrichtung einer Kinderfeuerwehr. Wir sind aber auch weiterhin ganz stark darauf angewiesen, dass Bürger den Weg zu uns finden und   mitwirken wollen.

Laut aktuellen Prognosen wird die Zahl der Naturereignisse zunehmen. Damit steigen auch die Einsätze. Wird Ihre Mannschaft das noch alles stemmen können?

Benkel Wir werden auch zukünftig mit solchen Ereignissen gut umgehen können. Gerade im letzten Jahr haben wir deutlich zeigen können, dass wir auch mit schwereren und umfangreicheren Ereignissen gut klar kommen. Klar ist aber auch, dass sich die Feuerwehren und Hilfsorganisationen mehr denn je – auch überörtlich - ergänzen müssen und die dafür notwendige Vorsorge getroffen werden muss.

Wie ist es um die einzelnen Standorte bestellt? Ist die Anzahl der Fahrzeuge und die Qualität der Ausrüstung überall ausreichend?

Benkel In den vergangenen Jahren wurden viele Standorte durch Neubauten ertüchtigt. Dieser Prozess muss  fortgesetzt werden, so wie es gerade in Griethausen geschieht. Danach sind die Standorte Materborn und am dringlichsten die Hauptfeuerwache an der Brabanterstraße anzugehen. Hier haben wir den größten Bedarf. Mit der Stadtverwaltung ist aber schon abgesprochen, dass die Anforderungen durch die Feuerwehr erhoben werden. Für Fahrzeuge und Ausrüstung haben wir im Rahmen des Brandschutzbedarfsplans ein mehrjähriges Fahrzeugkonzept entwickelt. Vor allem ist wichtig, dass die stete Einsatzbereitschaft sichergestellt ist. Dafür finden derzeit die Planungsarbeiten für fünf moderne Mittlere Löschfahrzeuge statt, die über 20 Jahre alte Fahrzeuge ersetzten sollen und danach beginnen die Planungsarbeiten für drei Hilfeleistungslöschfahrzeug sowie für Transportfahrzeuge für notwendige Spezialausrüstung. Als großen Wunsch haben wir in den Brandschutzbedarfsplan noch eine notwendige Ausbildungseinrichtung mit eingebracht

Wo steht der Brandschutzbedarfsplan?

Benkel Der Brandschutzbedarfsplan der Stadt wurde von der Verwaltung zum Jahresende an die Aufsichtsbehörden weitergeleitet. Jetzt hoffen wir darauf, dass es schnellstmöglich weiter geht.

Welche Einsätze sind Ihnen noch lebhaft in Erinnerung?

Benkel Einer der einschneidendsten Einsätze war der Wohnhausbrand, in dessen Folge  zwei Kinder verstorben sind. Dieser wird auch noch vielen Kameraden und Bürgern in Erinnerung sein. Aber auch andere Brandereignisse, die uns teils tagelang gebunden haben, bleiben in Erinnerung: Waldschlößchen, Explosion in der Kreuzhofstraße, Strohläger, ein brennendes Gefahrgutschiff auf dem Rhein oder Unterkünfte wie in der Stadionstraße oder in Warbeyen. Die Feuerwehr ist letztes Jahr zu 450 Einsätzen (ohne Sturm und Starkregeneinsätzen) ausgerückt. Da bleiben viele Eindrücke von geretteten Personen und Tieren, deren Blicke auch ohne Worte Dankbarkeit ausdrücken. Ich bin besonders dankbar dafür, dass alle Kameraden immer gut nach Hause gekommen sind und hoffentlich auch immer gut nach Hause kommen werden.

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