Kleve Quartett war ein ganz großer Wurf

Kleve · Das vision string quartet in der Klever Stadthalle mit Klassik und Jazz

Um es gleich vorweg zu nehmen: das junge "vision string quartet" ist jetzt schon ein ganz großer Wurf. Jakob Encke (Violine), Daniel Stoll (Violine), Sander Stuart (Viola) und Leonard Disselhorst (Violoncello) können ihr Publikum begeistern. Vor dem 2. Reihenkonzert in der Klever Stadthalle spielten die Teilnehmer des Kompositionsworkshops "Morgenstimmung(en): recomposed" Chris Boldt (Vibraphon), Antonia Ferderer (Gitarre), Jonathan Gabel (Klavier), Dominik Hendricks (Klarinette) im Foyer unter der Leitung von Raimund Philippi Werke im Rahmen der Muziekbiennale Niederrhein.

Dann gab es beim vision string quartet nicht nur klassische Musik in der ersten Konzerthälfte, sondern auch Jazz-Arrangements ad libitum in der zweiten. Zum klassischen Beginn Mozarts Streichquartett Nr. 19 C-Dur KV 465: Die sensationelle Chromatik des Anfangs wurde hier nicht als Suche nach der geeigneten Tonart verstanden - im Gegenteil. Die vier Musiker betonten das Vorbestimmt-Schicksalhafte, das Unheilverheißende, das die gesamte Komposition überschattet.

Dabei resultierten die dramatischen Höhepunkte aus der inneren Triebkraft der Klänge: Jeder einzelne Mozart'sche Satz erfuhr hier eine dringliche Durcharbeitung seines Ausdruckspotentials. Es folgte das Beethoven Streichquartett Nr. 11 f-Moll op. 95 mit einer Mischung aus radikaler Schroffheit und leidenschaftlichem Schwung, aus klassischer Strenge und romantischer Klangsinnlichkeit. Nach der ersten Konzerthälfte wusste man: da stehen vier bereits sehr gereifte junge Musikerpersönlichkeiten - durchweg in auswendigem Spiel - die sich ganz ihrem Tun verschrieben haben und brillant durchdacht interpretieren. In der zweiten Konzerthälfte wurden sie klangverstärkt, absolut passend für Beatles "Come together", gefolgt von einem Jazzstandard von Benny Goodman. Oliver Nelsons "Stolen Moments" sorgten für Spontanapplaus. Die Streichinstrumente wurden zum Mischtopf, aus dem perkussive Elemente gegriffen werden konnten wie melodische und harmonische, z.B. Geige und Bratsche als Gitarren-Ersatz.

Mitreißend die Umsetzung der Musik zum Pixar-Kurzfilm "For the birds" über Carole Coles "Mona Lisa" bis zur Eigenkomposition "Samba". Dazu humorige Moderation, gute Lichttechnik und eine andere Atomsphäre als im ersten Konzertteil - dennoch ein geschlossenes Agieren als Ensemble, bei dem jeder eine deutliche individuelle Gestalt behielt. Dies zeugte vom hohen Ansatz an das eigene Verständnis als Kammermusiker, als Solisten und "Band". Mit ihren "Visionen" hat das "visions string quartet" überzeugt: Das sollte man sich auch in Zukunft nicht entgehen lassen!

(bamü)
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