Mordprozess Psychiater bei Mordprozess: „Er sieht nur gut und böse“

KLEVE · Im Prozess gegen einen 25-jährigen Klever, der wegen Mordes angeklagt ist, ist das psychiatrische Gutachten vorgestellt worden. Anzeichen auf eine Einschränkung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit habe es zur Tatzeit nicht gegeben.

Im Prozess gegen einen 25-jährigen Klever, der wegen Mordes angeklagt ist, hat der Psychiater Jack Kreutz sein Gutachten vorgetragen. Der Sachverständige konnte nach mehreren Gesprächen mit dem 25-Jährigen weder eine eingeschränkte Einsichts- und Steuerungsfähigkeit feststellen, noch empfahl er Maßnahmen des Maßregelvollzugs.

Zwar sei bei dem Angeklagten eine leichte Abhängigkeit von Cannabis festzustellen – und auch harte Drogen wie Kokain, Ecstasy oder Crystal Meth soll er gelegentlich konsumiert haben. Eine Unterbringung des 25-Jährigen in einer Entziehungsanstalt sei jedoch aufgrund der „komplexen Persönlichkeitsstruktur“ des Angeklagten kaum erfolgversprechend.

Anzeichen auf eine Einschränkung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit habe es nicht gegeben, obwohl der Angeklagte kurz vor der Tat noch Cannabis und wenige Tage zuvor Ketamin konsumiert hatte. Die Planung der Tat, das Beschaffen eines Elektroschockers und das spontane Ändern des Planes seien Zeichen einer „rationalen Handlung“.

Er beschrieb den Angeklagten als „Mensch mit vielen Facetten“, der eine deutliche Gewaltbereitschaft und paranoide Tendenzen aufweise. „Er hat Schwierigkeiten, im Leben Grautöne zu sehen.  Er sieht nur gut und böse“, so der Sachverständige. Ein Persönlichkeits-Testverfahren habe einen sehr hohen Wert bei der „reaktiven Aggressivität“ ergeben. „Er beschreibt sich als Mensch mit einem sehr ausgeprägten Durchsetzungsstreben“, so Kreutz. Fühle sich der Angeklagte etwa ungerecht behandelt, sei Gewalt für ihn ein adäquates Mittel.

Im Gespräch über die vorgeworfene Tat – dem Mord an einem 77-jährigen Emmericher, mit dem er zuvor sexuellen Kontakt gehabt hatte – habe der Angeklagte drei Motive offenbart, so Kreutz. Zum einen habe der 25-Jährige Geld gebraucht. „Er hat zunächst an seinen ehemaligen Chef gedacht, schreckte aber wegen der Familie des Mannes vor der Tat zurück. Stattdessen suchte er sich seinen ehemaligen Sexualpartner als Opfer aus – weil dieser Geld hatte und zudem der einzige war, der von der homosexuellen Erfahrung des Angeklagten wusste. „Die homosexuelle Erfahrung hat ihm nicht gefallen, und er sagte, er finde es zum Kotzen, was er da getan habe“, so Kreutz. Das Ausradieren des einzigen Zeugen dieser für ihn schambehafteten Erfahrung sei insofern das zweite Motiv. Das dritte Motiv sei der Wunsch gewesen, einem Menschen das Leben zu nehmen. Kreutz: „Er sagte: ‚Ich will wissen, wie es ist, wenn man einen Schädel zum Knacken bringt.‘“ „Angenommen, er käme heute wieder auf die Straße – würde er weitere Straftaten begehen?“, wollte der Vorsitzende Richter Jürgen Ruby wissen. Die Prognose sei sehr schlecht, so Kreutz. Denn der Angeklagte sei früh zum ersten Mal und in der Summe häufig gewalttätig geworden. Hinzu kämen die Drogenprobleme. Die Verhandlung wird am Montag fortgesetzt.

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