Kleve Prinz: Traumhafte Session - trotz Absage

Kleve · In Kleve wurde der Rosenmontagszug gestern um 10 Uhr abgesagt. Wenn die Karnevalisten sich einigen, soll er bald nachgeholt werden. Wagenbauer enttäuscht. Klever Narren gingen nach Goch oder feierten in den Kneipen.

Rosenmontagszug in Kleve fällt aus - Narren feiern trotzdem
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Rosenmontagszug in Kleve fällt aus - Narren feiern trotzdem

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Die Stimmung im Coffee-House, der Narrenburg von Prinz Helmut der Sportliche, war gedämpft, aber nicht am Boden: Man lasse sich von einem abgesagten Rosenmontagszug nicht die Session verderben, sagt Gardist Karl-Heinz Schmidt - und die anderen in der Runde, die um einen der Tische stehen und ein Bier trinken, nicken. Eigentlich hätten sie auf dem Wagen stehen müssen. Aber der Rosenmontagszug ist abgesagt.

Nach und nach füllt sich der Raum, und der Stimmungspegel steigt, als Helmut der Sportliche (Vehreschild) mit den feschen Breijpott-Tröpfchen den Saal füllt - mit Helau und guter Laune. "Sicher wäre der Platz oben auf dem Prinzenwagen ein Höhepunkt gewesen - aber wir hatten so viele gute Momente, so tolle Erlebnisse in der Session, so viele Höhepunkte. Für mich war die Session trotzdem traumhaft", sagt der Klever Prinz. Und damit gar keine Zweifel aufkommen, tönt's lauthals von den Mädels der Tanztruppe "Nie mehr Fastelovend ohne euch!" Die Stimmung steigt. Nachdenklich verteidigt der Prinz die Entscheidung der Krisensitzung mit Kleves Bürgermeisterin Sonja Northing: "Wer hätte das verantworten wollen, wenn etwas passiert und wir eindringlich gewarnt waren", sagt er, während draußen der Wind an den Fahnenmasten klimpert und die Buchenhecken zaust. Starker Wind, aber kein Sturm.

Gestern um 10.04 Uhr war es raus: Der Klever Rosenmontagszug war abgesagt. "Eine traurige Entscheidung - aber daran ging kein Weg vorbei", sagt Sonja Northing. Es sei eine einstimmige Entscheidung gewesen - Polizei und Feuerwehr hätten sich für eine Absage ausgesprochen und auch das Klever Rosenmontags Komitee (KRK) habe zugestimmt. Man habe alle "Für" und "Wider" abgewogen, vor allem aber Polizei und Feuerwehr hätten angesichts der ab 15 Uhr wieder in Orkanstärke angesagten Böen abgeraten. "Wir planen, den Zug in naher Zukunft nachzuholen", sagt Jürgen Röös, Vorsitzender des Klever Rosenmontagskomitees. Eine baldige Neuauflage des Zuges hatte in der Krisensitzung auch Northing vorgeschlagen. "Ich fände das gut - aber das müssen letztlich Wagenbauer und Karnevalisten entscheiden", sagt die Bürgermeisterin.

Die Aussage kommt bei den Tröpfchen im Coffee-House gut an: "Klar würden wir sofort wieder mitziehen", sagt Sarah Zimmer. Und spricht für die fast 100-köpfige Truppe, die Helmut zu Füßen des Beijpott-Prinzenwagen begleitet hätte. Helmut Vehreschild begrüßt die Idee, die gerade rheinlandweit diskutiert wird, ebenfalls. Er kennt aber auch die Tradition: "Wir verbrennen morgen unsere Federn - da muss man mal schauen, wie man dann mit einem neuen Zug umgeht", sagt er. Der Prinz fände es aber vor allem für die Wagenbauer schön, wenn deren Arbeit belohnt würde. Prinz Helmuts Adjutant Michael Daams würde eine solche Entscheidung nur akzeptieren, wenn sie zeitnah sei, sagt er. "Wir können nicht erst in Monaten ziehen, das muss bald sein. Und dann muss schon in den nächsten Tagen die Entscheidung fallen, dass wir ziehen", konstatiert er. Denn Wurfmaterial und Wagen könnten nicht unbefristet in den Hallen warten.

Doch warum wurde der Zug in Kleve abgesagt, und in Goch nicht? Das Sicherheitskonzept der Stadt Kleve sieht vor, dass ab Windstärke acht abgesagt werden muss. Der Deutsche Wetterdienst hatte Windstärken von fünf bis sechs vorhergesagt, aber ab 15 Uhr eben die Orkan-Böen bis Windstärke neun. "In der Innenstadt wäre das kein Problem gewesen. Aber um 15 Uhr ist der Zug oben am offenen Markt Linde", sagt Northing. Man habe auch berücksichtigen müssen, dass die Wagen, wenn sie oben in Kleve angekommen sind, wieder zurückfahren müssen. Feuerwehrchef Ralf Benkel habe auf die vorhergesagte Stärke der Böen verwiesen, die schon kleinere Bäume knicke, sagt Northing. Schließlich habe man sich einstimmig geeinigt, den Zug abzusagen. "Die Sicherheit ging vor", sagt Röös.

Die Stimmung bei den Wagenbauern war nach der Absage irgendwo kurz vor dem Tiefpunkt. "Beschissen", sagt Matthias Käß vom Keekener Dschungelcamp. Das hatte sein Lager mit Wagen und Schlepper auf dem hagebaumarkt-Parkplatz aufgeschlagen. Dahinter parkten die Mehrhühner aus Kranenburg. Erich Niehues von den Mehrhühner bemängelte, erst sehr spät erfahren zu haben, dass der Zug abgesagt ist. Um zehn sei man schon unterwegs gewesen. Röös sagt, die meisten Karnevalisten - auch die aus den Niederlanden - habe man per Telefonkette informiert.

Robin Jansen gehört zu den Jecken, die eigentlich den Zug gucken wollen. Nach der Absage überlegt er, nach Goch zu gehen: "Wer ist denn schon in Kleve, wenn hier nichts los ist", sagt er. "Wir wollen feiern - das wird auch ein abgesagter Zug nicht ändern. Aber toll finden wir das nicht", sagt Marlene Geritzen (15). Dirk Kirschbaum (23) im Star-Wars-Kostüm war verabredet, von einer Wohnung aus den Zug zu gucken und nachher zu feiern. Jetzt hofft er auf Karten für das Zelt. Denn während man in Kevelaer auch das Zelt abgesagt hat, kann man im Klever Zelt feiern. So füllten sich in Kleve die Kneipen, einzelne Fuß-Trupps machten ihren kleinen Rosenmontagszug die Große Straße 'runter.

Für Helmut der Sportliche, für seine Garde und für die Tröpfchen ging der Karneval weiter: am Nachmittag Einzug ins Schützenhaus Kellen und in die Mehrzweckhalle Materborn und am Abend Feiern im Festzelt. Heute nochmals drei Termine und am Abend Feier im Coffeehouse. Erst dann ist Aschermittwoch. Und vielleicht kommt ja doch noch ein Zug durch Kleve.

(RP)
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