Interview mit Clemens Giesen „Wir möchten, dass es besser wird“

Kleve · Die Offenen Klever werden ihre „Sauerste Zitrone“ für nicht gelungene Architektur vergeben.

 Clemens Giesen ist Restaurator und war für die Offenen Klever lange Jahre sachkundiger Bürger. Er hat in Kleve mehrere Häuser vorbildlich saniert, vor allem sein Geschäft an der Marktstraße in Kleve.

Clemens Giesen ist Restaurator und war für die Offenen Klever lange Jahre sachkundiger Bürger. Er hat in Kleve mehrere Häuser vorbildlich saniert, vor allem sein Geschäft an der Marktstraße in Kleve.

Foto: van Offern, Markus (mvo)

Die „Offenen Klever“ werden ihren Preis „Sauerste Zitrone“ für nicht gelungene Bauten in Kleve vergeben. Die Bürgerbeteiligung war rege. Wir sprechen mit dem Restaurator Clemens Giesen, lange Jahre sachkundiger Bürger im Ausschuss für Kultur und Stadtgestaltung. Er sitzt hinter einem alten „Vogelflugplan“ des Kleve aus dem 19. Jahrhundert. Ein Idyll – und er weiß, was dort stand und was heute dort zu sehen ist.

Herr Giesen, wie war die Bürgerbefragung zu Ihrem Preis?

Clemens Giesen Die Resonanz war groß – auch zur Idee, einen solchen Preis auszuloben. Die Vorschläge waren weit gestreut.

 Das Stadthaus in Venlo führt Giesen als gelungenes, nachhaltiges Gebäude an.

Das Stadthaus in Venlo führt Giesen als gelungenes, nachhaltiges Gebäude an.

Foto: Stadtskantor

Gab es einen Favoriten, den wir schon verraten können?

Giesen Wir haben noch nichts ausgewählt. Aber eines kann ich sagen, weil es nicht zur Diskussion steht: Das Rathaus wurde immer wieder genannt. Vor allem haben sich die Menschen aber Gedanken über die nicht stimmenden Größenverhältnisse von Neubauten gemacht.

Man wirft Ihnen auch vor, einem Idyll nach zu hängen – wie steht es mit moderner Architektur?

Giesen Gute Bauten müssen nicht romantisch sein. Wir wollen uns zum Beispiel das neue Rathaus von Venlo anschauen, das Michel Weijers mit geplant hat, den ich kenne.

Stimmt, das ist ein zwar kantiges, aber sehr gutes Gebäude – vor allem mit Blick in die Zukunft auf „grüne“ Bauten. Andere sagen, man brauche keinen Negativ-Preis.

Giesen Letztlich erkennen auch diese an, dass etwas nicht stimmt mit der Gestaltung unserer Stadt in den vergangenen Jahren. Uns fehlt ein Fachgremium, das da entsprechend beratend eingreifen kann und Neubauten auf Architektur und Städtebau prüft.

Sie meinen einen Gestaltungsbeirat, der in den Niederlanden oftmals sehr erfolgreich ist?

Giesen Ja – aber den will man ja in Kleve nicht. Und der Ausschuss für Kultur und Stadtgestaltung erweist sich diesbezüglich als zahnloser Tiger. Der bekommt ja erst die Bauten zu sehen, wenn sie schon umstritten sind. Dabei müsste alles vorgestellt werden, was im Kerngebiet ansteht. Deshalb sind wir schließlich auf den Preis der „Sauersten Zitrone“ gekommen.

Wo soll der Sinn sein?

Giesen Wir möchten, dass sich die Architektur in der Stadt verbessert. Wenn keiner Kritik übt, fühlen sich die Investoren in ihrem Tun bestätigt. Kritik ist hilfreich. Es kann ja auf Dauer nicht so bleiben, dass Bauten, nur weil sie genehmigungsfähig sind, kritiklos gebaut werden können. Ich möchte, dass meine Heimat besser und schöner wird.

Sie werden den Preis „Sauerste Zitrone“ also vergeben?

Giesen Auf jeden Fall – wir wollen die Leute wachrütteln, wir möchten, dass Bauherren, Investoren und Architekten mehr Sensibilität walten lassen, wenn sie in Kleve bauen. Sicher, ein Negativpreis ist negativ belastet und fällt oft genug auch auf den Auslober zurück, der dann schlecht dastehen kann. Aber das Risiko gehen wir gerne ein, wenn Planer künftig noch einmal über ihren Bau nachdenken, bevor sie ihn einreichen und genehmigen lassen. Das richtet sich ja auch nicht vornehmlich gegen die Bauherren, auch die genehmigende Behörde, die Stadt, muss ihre Hausaufgaben machen.

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