Kranenburg/Kalkar Furcht vor Vogelgrippe im Kleverland

Kranenburg/Kalkar · Noch prüft das Friedrich Löffler Institut, ob in NRW Geflügel wegen der Infektionsgefahr nur im Stall gehalten werden darf. Betroffene Landwirte sind darauf aber vorbereitet. Kommt es zu einem Ausbruch, drohen hohe finanzielle Verluste.

 Die Legehennen der Hofgemeinschaft Richtersgut in Kranenburg. Im Hintergrund ist der Schlecht-Wetter-Unterstand der Tiere erkennbar.

Die Legehennen der Hofgemeinschaft Richtersgut in Kranenburg. Im Hintergrund ist der Schlecht-Wetter-Unterstand der Tiere erkennbar.

Foto: Gottfried Evers

Noch scharren und picken die etwa 1100 Legehennen auf dem Freigelände der Bioland-Hofgemeinschaft Richtersgut in Kranenburg ungestört unter freiem Himmel. Doch seit am vergangenen Wochenende in einem niederländischen Geflügelbetrieb im niederländischen Gouda, das etwa 130 Kilometer von Kranenburg entfernt liegt - ebenso wie zuvor in je einem Betrieb in Norddeutschland und in Großbritannien - der hoch ansteckende Vogelgrippe-Erreger H5N8 festgestellt worden ist, droht den Tieren bald ein "Ausgeh-Verbot".

"Wir schauen jeden Tag mindestens dreimal in unsere E-mails, ob das Land oder der Kreis schon ein Aufstallungsgebot verhängt hat", sagt Godehard Schnütgen-Nissing (60), der mit seiner Frau den Kranenburger Bioland-Geflügelbetrieb führt.

Das zuständige NRW-Ministerium hat das Friedrich Löffler Institut mit einer Risiko-Einschätzung beauftragt. Diese ist Basis für die Entscheidung, ob Hühner in den Stall müssen. Dass ein Aufstallgebot nur für Teile von NRW oder im Kreis Kleve erlassen wird - dies war bei Vogelgrippen in früheren Jahren der Fall - ist bislang laut dem Kreis Kleve eher unwahrscheinlich.

Wenn die Legehennen der Hofgemeinschaft Richtersgut in den Stall müssen, können Godehard Schnütgen-Nissing und seine Frau die Anordnung nach eigener Aussage relativ schnell umsetzen. Vor dem Stall gibt es einen etwa sechs mal 15 Meter großen, überdachten Schlecht-Wetter-Auslauf, in dem die Tiere zumindest etwas frische Luft schnappen, scharren und picken können. Sollte das Aufstallungsgebot jedoch nach zehn Uhr erlassen werden, gibt es auf Richtersgut ein Problem. "Dann haben wir die Ställe schon geöffnet und müssten die 'Damen' einzeln rein bitten", meint der Geflügelhalter. Und das könne dauern.

Gefährliche Tierseuchen der Region
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Foto: AFP, AFP

Schon jetzt verfüttern die Kranenburger Geflügelhalter zusätzliche Möhren-Rationen an ihre Hennen und geben ihnen Vitamine ins Wasser, damit die Tiere widerstandfähiger werden. Wenn die Hühner in den Stall müssen, bekommen sie dort "Spielzeug" wie Zweige oder harte Brotstücke, auf denen sie herum picken können. So soll der Stress, den die ungewohnte Stallhaltung bei den Tieren auslöst, gemindert werden. Zudem müssen Godehard Schnütgen-Nissing und seine Frau darauf achten, dass sich die Hühner, die "natürlich" ins Freie wollten, an den dann versperrten Ausgängen nicht gegenseitig erdrücken. Als es Mitte der 2000er Jahre mehrmals Aufstallungsgebote gab, seien bei Gedränge vor den Ausgängen bis zu 40 Tiere so verendet, erinnert sich der 60-jährige Landwirt.

Wenn die Gefahr einer Infektion mit dem hoch ansteckenden H5N8-Erreger "akut" wird, müssen nach Meinung des Kranenburger Bio-Geflügelhalters alle Gegenmaßnahmen schnell umgesetzt werden - von einem Transportverbot über die Isolierung betroffener Betriebe bis hin zur Keulung.

Sollte es auf Richtersgut zur Keulung des Bestandes kommen, wäre dies für Godehard Schnütgen-Nissing in mehrfacher Hinsicht "schlimm". Zum einen sei es "emotional belastend, wenn man plötzlich vor einem leeren Stall stehen würde". Hinzu kämen die Einnahmeeinbußen wegen des ausbleibenden Eierverkaufs. Die Tierseuchenkasse zahle bei einer Keulung nur den "Wert" pro Huhn. Der 60-Jährige sagt: "Das kann für spezialisierte Betriebe existenzgefährdend sein."

Einen solch spezialisierten Betrieb hat Paul Reuvers (50) in Kalkar-Emmericher Eyland. Doch der Landwirt hält seine 18.000 Legehennen nur in "Bodenhaltung". Das bedeutet: Die Hennen sind immer nur im Stall. "Deshalb ist die Gefahr einer Infektion auf unserem Betrieb sehr gering", meint der Kalkarer. Dennoch fürchtet auch er den Ausbruch der Vogelgrippe in der Nähe seines Hofes. Ein Eier-Transport- oder Verkaufsverbot würde für ihn bedeuten, Tag für Tag auf 25.000 Eiern "sitzen zu bleiben".

Deshalb ist Paul Reuvers dafür, das Risiko einer Infektion mit dem H5N8-Virus weit möglichst zu verringern. "Die beste Lösung für alle" wäre deshalb ein sofortiges Aufstallungsgebot. Der Geflügelhalter sagt empört: "Mir ist es unbegreiflich, warum das jetzt nicht verhängt wird. Stattdessen wird 20mal hin und her geprüft."

(RP)
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