Schlappe für etablierte Parteien Sensations-Sieg für Bauernbewegung bei Regionalwahlen in den Niederlanden
Niederlande · Die „BauernBürgerBewegung“ räumt bei den Regionalwahlen in den Niederlanden ab. Der große Vorsprung überrascht, die Regierungsparteien verlieren deutlich. Was das Ergebnis bedeutet und wie die Grenzregion gewählt hat.
Dass die Protestpartei BauernBürgerBewegung (BBB) am Mittwoch bei den Regionalwahlen in den Niederlanden stärkste Kraft werden würde, zeichnete sich in Umfragen ab. Doch das Ausmaß überraschte dann doch: In fast allen Provinzen liegt die 2019 gegründete Partei vorne. Und das mit Wahlergebnissen, die für die fragmentierte politische Landschaft im Königreich eindrucksvoll sind: In Overijssel mit den Städten Enschede und Zwolle holte die BBB 31,2 Prozent der Stimmen. Die übrigen Parteien folgten erst mit großem Abstand, zweitstärkste Kraft in Overijssel ist die christdemokratische CDA mit 8,2 Prozent.
Auch in den Städten der Grenzregion trumpfte die Partei des ländlichen Raums auf. In Berg en Dal landete die BBB mit 20,3 Prozent deutlich vor der rechtsliberalen VVD (10,7). Auch in Gennep (22,9 Prozent) und Bergen (31,4) bei Goch landete der Newcomer vorne. In der Grenzstadt Venlo lag wiederum die rechtspopulistische PVV von Geert Wilders mit 14 Prozent auf Platz eins. Landesweit hatte die Partei überraschend verloren. In den Großstädten Nimwegen und Arnheim hatte die progressive Partei GroenLinks die Nase vorne.
Auf die Regierung von Ministerpräsident Mark Rutte (VVD) kommen mit dem Wahlergebnis schwere Wochen zu. Schließlich gilt der BBB-Sieg als Zeichen des Protests gegen die Stickstoff-Pläne aus Den Haag. Das Kabinett will die Emissionen bis 2030 halbieren, und zwar zuvorderst in der Nähe von Naturschutzgebieten. Dafür hatte das Kabinett Regionen ausgewiesen, in denen der Ausstoß und damit die Viehbestände marginalisiert werden sollen. Landwirte fürchten seitdem um ihre wirtschaftliche Existenz. Das hat zu großen Unruhen im Land geführt.
In den Provinzen müssen die Vorhaben lokal heruntergebrochen und umgesetzt werden. Hinzu kommt, dass die Regionalparlamente auch die Vertreter gen Erste Kammer entsenden. Das Abgeordnetenhaus ist vergleichbar mit dem Bundesrat, es muss Gesetze aus der Zweiten Kammer gegenzeichnen. Und das dürfte für Rutte und seine Ministerriege zum Problem werden. Denn in die Erste Kammer wird die BBB mit 15 Abgeordneten einziehen, die vier Regierungsparteien kommen auf 24 Sitze, minus acht. Weil es für eine Mehrheit aber 38 Stimmen braucht, wird man an einer Zusammenarbeit mit der BBB-Chefin Caroline van der Plas wohl kaum vorbeikommen. Experten schließen unterdessen aber auch nicht aus, dass das Kabinett auseinanderfällt. „Die Niederländer haben deutlich gezeigt, dass sie die Politik satt haben“, sagte van der Plas am Wahlabend. „Sie können uns nicht länger ignorieren. Wir werden mitregieren.“