Kleve Nicht nur Obama fesselt

Kleve · Hannover Nach fast fünf Stunden Fahrt stehen wir in Hannover am Bahnhof und merken, dass wir nicht die einzigen mit Schlafsack und Iso-Matte im Gepäck sind. Neben uns haben noch etwa 500 andere Jugendliche für die nächsten Tage einen harten Hallenboden als Schlafplatz in Aussicht. Warum man sich das antut? Die Jugendmedientage für junge Leute zwischen 16 und 25 Jahren stehen vor der Tür.

Ethik in den Medien

Als einer von zwei Medieninteressierten aus dem Kreis Kleve war RP-Mitarbeiter Martin Maciazka in Hannover dabei. Dieses Mal organisierten die Veranstalter die Expo-Plaza in der Messestadt als Austragungsort. Das riesige, leer stehende Gelände nur für uns? Die Vorfreude ist groß, als die erste Veranstaltung zum diesjährigen Thema "Ethik in den Medien" eingeleitet wird.

Uns erwarten nicht nur in Decken gehüllte Medienprofis, die sich über Presserat und Springer auslassen, sondern auch eine Rockband, die uns die Kälte vergessen lässt. Anschließend sind alle darauf bedacht, in die warmen Federn zu fallen. Die Turnhalle ist zwar klimatisiert, aber einschlafen kann ich doch nicht so recht – sei es der harte Boden, die Vorfreude oder der Lärm. Bevor ich überhaupt merke, eingeschlafen zu sein, müssen wir schon aufstehen. Es erwarten uns Medieneinblicke und Erzählcafés, in denen man mit Experten über Themen wie Satire und Wahlkampf redet. Ich selbst besuche die Redaktion der Straßenzeitung "Asphalt" und gehe mit einer neuen Idee fürs freiwillige soziale Jahr wieder hinaus. Interessant bleibt es am Nachmittag, der sechs Symposien zur Auswahl bereithält. Ich entscheide mich für "Agenda-Setting", in dem Medienexperten sich aussprechen, warum bestimmte Themen immer wieder in die Zeitung kommen, während Geschehnisse wie das Massaker in Darfur kein großes Medienecho erhalten.

Ein bisschen Auflockerung

Nach dem Informationsfluss wird es Zeit für ein bisschen Auflockerung beim Poetry-Slam. Bei diesem Vortragswettbewerb merken wir, dass nicht nur Obama seine Zuhörer zu fesseln versteht. Anschließend geht's zum Improvisationstheater und wer bis jetzt noch nicht gelacht hat, tut es spätestens jetzt.

Am nächsten Tag ist in den Workshops der Einsatz der Teilnehmer gefragt. Unter all den Möglichkeiten wie Foto, Online, Radio und TV habe ich mich für den Wirtschaftsjournalismus entschieden und bereue es nicht. Focus-Redakteur Björn Sievers klärt uns über die Hintergründe der Finanzkrise auf und steht uns beim Erstellen eigener Wirtschaftsartikel mit Rat und Tat zur Seite. Nach getaner Arbeit steht die Abschlussparty an, die zwar beste musikalische Untermalung und Atmosphäre bietet, uns aber die letzte Aussicht auf Schlaf raubt. Die Abschlussveranstaltung verschlafen wir glatt. Nichtsdestotrotz waren die Jugendmedientage ein Erlebnis, das wir nicht missen möchten. "Die Organisation, das Programm, die Leute – es war einfach super", sagt meine Begleiterin Tabea Frauenlob, 18 Jahre. Gab es etwas weniger Gutes? "Na ja, ich hätte schon gerne mehr Schlaf gehabt."

(RP)
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