Mobilität im ländlichen Raum Abends nur Taxen statt Busse

Kleve · Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) ist das Stiefkind im ländlichen Raum. In Kleve stellen die meisten Linien abends ihren Dienst ein. Dann gibt’s Taxen – aber die kennt keiner. Das Thema wurde im Sozialausschuss diskutiert.

 Meistfrequentierte Linie in Kleve: Der Citybus.

Meistfrequentierte Linie in Kleve: Der Citybus.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Die Frage von Angelika Kanders zeigt das Dilemma des ÖPNV im ländlichen Raum: „AST - was ist das?“, fragte die CDU-Frau, als Stephan Kreth, Niag-Niederlassungsleiter in Kleve, im Sozialausschuss der Stadt die Versorgung der Menschen in Kleve und direkter Umgebung mit öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) vorstellte. Tatsächlich kannte kaum einer der Politiker im Sozialausschuss die „Anruf-Sammel-Taxen“, die abends und nachts den Bus ersetzen. Und das gehe den Bürgern nicht anders, fügte Kanders an.

Denn so einfach wie in der Großstadt funktioniert der ÖPNV nicht auf dem Lande: Wer sich an eine Bushaltestelle stellt und hofft, in der nächsten Viertelstunde kommt ein Bus, der wartet auch schon mal vergebens. Vor allem abends, denn dann fährt kein Bus, sondern nur noch „AST“, weil ein Bus zu dieser Zeit nicht mehr rentabel fährt, so Kreth.

Allein die City-Bus-Linie 49 hat eine kurze Taktung. Kein Wunder, dass die Strecke zwischen Bahnhof und eoc. an der Hoffmannallee die meistfrequentierte Linie in der Stadt ist. Aber: Würde man die Linie weiterführen, wie es die SPD ins Gespräch gebracht hatte, beispielsweise bis zur Materborner Allee, würde die enge Taktung aus dem Tritt kommen, erklärte Kleves Kämmerer Willibrord Haas.

Immerhin fährt der „Schnellbus“ (Linie SB58) nach Nimwegen bis fast nach Mitternacht. Bei der Niag hat man erkannt, dass es nicht nur die Studenten zu später Stunde noch in die Großstadt jenseits der Grenze zieht, so Kreuth. Der letzte Bus von Nimwegen nach Kleve startet montags bis freitags um 0.28 Uhr ab Centraal Station und ist dann um 1.11 Uhr am Haus Koekkoek in Kleve. Am Wochenende müssen Menschen, die in Nimwegen ausgehen wollen, vergleichsweise früh zurück: Da fährt der letzte Bus um 22.28 Uhr. Wer den verpasst: Durchmachen und den ersten Bus um 8.28 Uhr nehmen.

Schaut man sich das Streckennetz der Niag an, bleiben von den 14 Buslinien im Stadtgebiet Kleve abends nach 20 Uhr nur drei übrig: Die genannte Schnellbuslinie 58, die Linien 60 (gen Millingen) und 56 (gen Bedburg-Hau). Danach kommt das „AST“ ins Spiel. Diese Taxen fahren entlang der Busstrecken ab Kleve Hauptbahnhof: über Materborn und Reichswalde nach Nierswalde, über Bedburg-Hau nach Pfalzdorf, über Kellen und Warbeyen, Griethausen nach Brienen, über Rindern, Düffelward, Keeken nach Bimmen und schließlich über Donsbrüggen, Nütterden nach Kranenburg.

Ganz so einfach ist die Benutzung aber nicht: Wer fahren will, muss das 30 Minuten vor der Abfahrtzeit telefonisch anmelden, Gruppen ab fünf Personen müssen sich zwei Werktage vorher festlegen. Fahrten vor sieben Uhr müssen am Abend vorher angemeldet werden. Ein- und Ausstieg ist an den jeweiligen Bushaltestellen, die mit einem AST-Symbol gekennzeichnet sind. Außerdem muss man anmelden, wenn man ein größeres Gepäckstück mitnimmt, ein Fahrrad kann nicht transportiert werden.

Für die Zukunft denke man darüber nach, E-Bikes zu vermieten, so Kreth. Der City-Bus in Kleve könnte wohl als einziger elektrisch fahren, wobei die Ladeinfrastruktur hier noch „schwierig“ sei. Die Brennstoffzelle werde bis jetzt leider noch stiefmütterlich behandelt, so der Niederlassungsleiter.

Die Politik nahm den Vortrag zur Kenntnis und gab der Niag mit auf den Weg, die „AST“ besser zu bewerben. Haas fügte noch an, dass die Stadt jährlich 2,6 Millionen Euro über Kreisumlage, City-Bus-Linie und Schülerspezialverkehr für den ÖPNV gibt.

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