Kreis Kleve Nah bei den Menschen sein

Kreis Kleve · Erster gemeinsamer Jahresempfang der beiden Caritas-Verbände im Kreis Kleve im Weezer Bürgerhaus. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann beantwortete Fragen zur Zukunft der Altenpflege.

 NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann sprach im Weezer Bürgerhaus über die Zukunft der Altenpflege.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann sprach im Weezer Bürgerhaus über die Zukunft der Altenpflege.

Foto: Gottfried Evers

Der erste gemeinsame Jahresempfang der Caritasverbände Geldern-Kevelaer und Kleve in Weeze war nicht nur Anlass zum Feiern, sondern bot Gelegenheit zur Diskussion über die Zukunft in der Altenpflege. Mit NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann begrüßte Caritas-Vorstandsmitglied Karl Döring im Weezer Bürgerhaus einen kompetenten Diskussionspartner. Wie sich herausstellte: ein Kenner der Materie und politischer Zeitzeuge, der vor mehr als 25 Jahren die gesetzliche Verankerung der Pflegeversicherung begleitete.

 Blick in den vollbesetzten Saal beim Caritas-Jahresempfang.

Blick in den vollbesetzten Saal beim Caritas-Jahresempfang.

Foto: Evers Gottfried

"Danach entstand in Deutschland eine vielfältige Struktur wie betreutes Wohnen und Ambulanzen, weil unter anderem die Caritas als stärkster Träger die Chance nutzte, um Angebote zu schaffen", fasste der Minister zusammen. Mit der Pflegeversicherung sei ein Markt an Dienstleistungen rund um die Pflege entstanden. "Aber wir haben gelernt. Die Demenz war damals kein Thema. Wir haben uns nur die Frage nach körperlichen Ausfällen gestellt und anhand des Krankheitsbildes einen Leistungskatalog erstellt."

Mit der Folge, dass Demenzerkrankte damals zu niedrig eingestuft wurden. Bis zu 50 Prozent der Bewohner im Altenheim seien heute daran erkrankt, was Druck auf die Pflegekräfte aufbaue. So sei jetzt in der Neubewertung beim Medizinischen Dienst die Frage nach der Selbstständigkeit des Menschen eingeführt worden mit der Folge, dass sich die Parameter verschoben. Mehr als die Hälfte der Mehrausgaben von sechs Milliarden Euro gehen an Demenzerkrankte. "Ein Quantensprung", wie Laumann empfand.

Bei einer jährlich zu erwartenden Zunahme von zwei bis drei Prozent der zu pflegenden Menschen stellte er sich die Zukunftsfrage: "Wo finden wir die Kümmerer, im Ehrenamt oder Professionalität?" Für den Kreis Kleve hatte Karl Döring zuvor diese Berechnung aufgestellt: "Von 2013 bis 2030 wird die Zahl der Senioren im Kreis Kleve über 80 Jahren um 55 Prozent - das sind 8500 Menschen - zunehmen. Die Sorge um die Gewinnung, Bindung und Gesunderhaltung von genügend Pflegekräften treibt uns täglich um." Als großer Anbieter im Kreis Kleve versorge der Caritasverband täglich ambulant 2500 Patienten und 565 mit stationären Pflegeplätzen.

Zustimmendes Kopfnicken erntete Laumann mit seiner These, dass die meisten Menschen so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden versorgt werden wollen. Andererseits zeichnete er auf, dass der soziale Kontakt alleinlebender Senioren sich häufig auf den Besuch von Pflegekräften beschränke: "Abgesehen davon, wie lange ist dann so ein Tag?" Gemeinschaftliches Wohnen in Gruppen, auch generationenübergreifend, alles sollte möglich sein im neuen gezeichneten Bild: einem "Zuhause in Gemeinschaft", sicher auch der Beginn einer gesellschaftlichen Veränderung.

In der abschließenden Fragerunde mit Caritas-Mitarbeitern fragte unter anderem Markus Croonenbroeck, ob er seinen Beruf in der Altenpflege auch von noch mit 70 Jahren ausüben könne. Laumanns Antwort: "Ich plädiere für Tarifverträge in den Pflegeberufen und die Bildung einer Pflegekammer wie in anderen Berufen. Sie hätte rund 1,2 Millionen Mitglieder. Wir müssen in den Vergütungsverhandlungen die Pflege mit an den Tisch holen."

Altenpfleger Fabian Plaep vom Laurentius-Haus in Uedem erklärte, er sehe sich mit der Frage konfrontiert: "Wie kannst du nur in der Pflege arbeiten? Schichtdienst und Wochenenddienst?" Laumann verwies auf eine angestrengte Kampagne das Berufsimage zu verbessern. "Nicht jammern, aber über das Gute reden. Der Beruf gibt uns auch etwas zurück." Als Basis seien aber verlässliche Dienstpläne zu sehen. Auch die Berufsausbildung sei im Umbruch. Alten- und Krankenpflegeschulen sehe Laumann künftig im Verbund: "Wir müssen das Kästchendenken der Berufsbilder aufheben."

Aus der Sicht der Kirche erinnerte Weihbischof Rolf Lohmann die Aufgabe der Christen: "Dass die Menschen das tun müssen, was Caritas bedeutet. Die Caritas ist dort vor Ort, wo das Evangelium zu den Leuten gebracht wird. Nah bei den Menschen." Kranke und schwache Mitmenschen gehören nicht an den Rand, sondern in die Mitte der Gesellschaft. Die Kümmerer seien ein Geschenk für die Gesellschaft und gelebte Wort Gottes.

(mk)
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