Kleve "Nachglühen" im Theater im Fluss
Kleve · Die Gruppe "Theaterfake" schlüpfte in diverse Rollen über Sehnsüchte im Alter.
Kahle Wände, Plastik Tischdecke, Zimmerpflanze, zwei ältere Damen spielen Schach. Wir sind zu Gast in einem Altenwohnheim. Bunt sind hier auf den ersten Blick nur die Tabletten. Als tragisch-komisches Gegenstück zum jugendlichen "Frühlingserwachen" wirft Regisseur Harald Kleinecke mit einem selbstentwickelten Werk "Nachglühen - oder der Ernst des Lebens" die Frage auf, welche Sehnsüchte und Erinnerungen im Alter bleiben.
Die Gruppe "Theaterfake" schlüpfte dafür in die Rollen eigenwilliger Heimbewohner, überforderten Personals und ambitionierter Praktikanten.
Natalie muss Sozialstunden leisten und kommt bereits an ihrem ersten Tag zu spät. "Wann sind die Pausen und wo kann man rauchen?" sind die einzigen Fragen, die sie beschäftigen.
Trüben Tassen und senilen Senioren im "Alten-Entsorgungspark" aus Schundromanen vorzulesen ist das Letzte, womit sie ihre Freizeit verbringen wollte. Doch die Bewohner sind alles andere als altersmilde. Mitunter geht es in dem Wohnheim ziemlich heftig zu. Da wird geflirtet was das Zeug hält und mit Medikamenten gedealt. Die Bewohner überbieten sich, wer die schlimmeren Schmerzen und Krankheiten hat. Doch trotz der Zankereien und gehässigen Kommentare ("du hast deinen Mann so lange geärgert, bis er tot umgefallen ist") sind alle irgendwie einsam.
Frau Braunfels bekommt statt Besuch nur Kassetten von ihrem Sohn geschickt, der allerdings nicht wirklich in Australien lebt, sondern gleich um die Ecke. Manch andere macht sich generell mehr Sorgen um ihren längst verstorbenen Hund Bello, als um ihre geschiedene Tochter. Und als ein ehemaliger General in das Altenheim zieht und seine Waffensammlung gleich mitbringt, ist das Chaos vorprogrammiert. Die überforderten Pflegerinnen werden in der Einöde des Heims fast zu Mörderinnen. Doch die strenge Altenheim Chefin hat alles im Blick.
Regisseur Harald Kleinecke entwickelte die skurrilen Einzelschicksale gemeinsam mit den jungen Darstellern, die ihre Charaktere nicht nur im Hier und Jetzt beleuchten. So erfährt man über alte Dias, dass manch einer im Leben eine Affäre hatte oder eine schillernde Revue Vergangenheit. "Nachglühen" zeigt Menschen, die noch jung im Herzen geblieben sind. Was sie nicht vergessen wollen sind die kleinen manchmal unscheinbaren Momente des Lebens: "Den Geruch von Braunkohle Öfen", "den ersten Kuss", "die D-Mark". Am Ende hat man jeden einzelnen Bewohner mit seinen Marotten lieb gewonnen.
Es spielten: Marina Büns, Roderich Wildfeuer, Famke Roest, Sarah Konigorski, Hannah van den Höövel, Cissy ten Barge, Selina Koenen, Björn Nienhuys, Hanna Stijnen, Lisanne Bleser, Irene Blasig, Laura Kamp, Sophia Haug, Tina Kersten und Severin Roth.