Bedburg-Hau - mit Videos Museum Moyland aufgeräumt
Moyland · Nach anderthalb Jahren des Umbaus steht das Museum Schloss Moyland in Bedburg-Hau vom Wochenende an wieder den Besuchern offen. Die Bilder hängen jetzt nicht mehr wandfüllend übereinander. In der neuen Ordnung können die Werke von Beuys endlich ihre Aura entfalten.
Schluss mit der Moyländer Hängung, diesem Gewusel der Werke über- und nebeneinander, in dem man vor lauter Bildern die Kunst kaum mehr sah. Bettina Paust, die neue Künstlerische Direktorin der Stiftung Museum Schloss Moyland in Bedburg-Hau, hat ihr zu Beginn ihrer Amtszeit gegebenes Versprechen eingelöst und endlich Ordnung geschaffen.
Kunstgriff des Ausmistens
Selbstverständlich ist durch den Kunstgriff des Ausmistens und der sparsamen, Zusammenhänge aufzeigenden Neuordnung der Sammlung, welche die Brüder van der Grinten seit den 1950er Jahren für wenig Geld zusammenkauften, noch keine Kollektion vom Rang etwa der Kunstsammlung NRW entstanden. Doch schärft die neue Hängung den Blick für die Qualität, der bislang verstellt war.
Im Mittelpunkt steht nach wie vor das Schaffen von Joseph Beuys (1921—1986). Kein Wunder, denn die Sammlung van der Grinten umfasst den weltweit größten Bestand an Beuys-Werken aus der Frühzeit, vor allem Zeichnungen. Der Dauerstreit zwischen Moyland und Beuys' Witwe Eva scheint beigelegt zu sein: Immerhin hat Eva Beuys sämtliche Bitten des Museums, Werke im Katalog reproduzieren zu dürfen, positiv beschieden — ein gutes Zeichen für den Neuanfang, den das Haus jetzt feiert und den auch alle drei Stifter unterstützen: die Familien van der Grinten und von Steengracht sowie das Land Nordrhein-Westfalen. Da fragt man sich, warum das so lang gedauert hat, denn erste Kritik am Durcheinander der Präsentation war bereits 1997 bei Eröffnung des Museums laut geworden.
Der Rundgang durch das für 2,73 Millionen Euro neu eingerichtete Schloss beginnt im Untergeschoss. Da sieht man Dinge, die andere Museen ins Depot abschöben, wie etwa Verkleinerungen von Skulpturen aus dem 19. Jahrhundert. Aber bitte, auf diese Weise kann Moyland auch eine Kleinplastik von (oder besser: nach) Rodin vorweisen. Originale sind dagegen Skulpturen von Meunier und Klinger, und dann kommt auch schon Beuys ins Spiel.
Kreuze aus Eichenholz
Zwei geschwungene Kreuze aus Eichenholz, aus deren Entwurf das Kreuz im Turm der ehemaligen Pfarrkirche St. Mauritius in Meerbusch-Büderich hervorgegangen ist, dokumentieren das Werk des frühen Beuys plastisch; dazu ein Exemplar des berühmten Auflagenobjekts "Schlitten" und — als Dauerleihgabe des Landes NRW — ein schwarzer "Tisch mit Aggregat".
Bevor man sich im ersten Obergeschoss ganz von Beuys umgeben sieht, kann man sich im Erdgeschoss einen Eindruck davon verschaffen, dass die van der Grintens ihre Sammlung etwas breiter angelegt haben. Davon zeugen ein schöner Saal mit Holzschnitten unter anderem von Feininger, Pechstein und Kirchner, Grafik von Beuys' Künstlerfreunden Martel und Gottfried Wiegand, Holger Runge und Rudolf Schoofs sowie ein Raum mit zerschlagenem Mobiliar, das eine Aktion von André Thomkins hinterlassen hat, und — vielleicht der gelungenste Saal außerhalb des Werks von Beuys — eine Präsentation von Kartonplastiken und Bildern, die Erwin Heerich, den Architekten der Kunstinsel Hombroich, würdig in Erinnerung rufen.
Beuys hat 1981 — zu einer Zeit, als man ihn schon als Aktionskünstler und Schöpfer großer Installationen verehrte — angemerkt: "Ich halte diese Zeichnungen immer noch für eine der wichtigsten Sachen, die ich überhaupt gemacht habe." Deshalb bilden "diese Zeichnungen" auch einen Schwerpunkt im Obergeschoss. Dazwischen trifft man auf Multiples, etwa den "Filzanzug" oder die nicht minder bekannte "Rückenstütze eines feingliedrigen Menschen (Hasentypus) aus dem 20. Jahrhundert p. Chr.", das aus einer Fluxus-Aktion hervorgegangene Telefon aus zwei Blechdosen und auf das wohl kostbarste Stück der Sammlung, das in der Beuys-Literatur häufig reproduzierte Materialbild mit der Aufschrift "Das Schweigen von Marcel Duchamp wird überbewertet". Zwischen den Objekten dokumentieren immer wieder schwarzweiße Fotografien Aktionen, die Beuys in der Öffentlichkeit zum Gesprächsthema werden ließen, etwa sein Hantieren mit einer "Honig-Pumpe" auf der "documenta" des Jahres 1977.
Hilfestellung
25 Jahre nach Beuys' Tod ist der Schamane vom Niederrhein für viele der 100 000 bis 150 000 Neugierigen, die das Museum mutmaßlich pro Jahr besuchen werden, erstmals zu entdecken — eine historische Gestalt schon. Ein Film leistet Hilfestellung dabei, einen der international bedeutendsten Künstler der Nachkriegszeit womöglich neu zu begreifen: als Propheten, der die Natur gegen die Angriffe des Menschen verteidigte, der in seiner Kunst herausfordernd auf karge Mittel setzte und den Menschen ein Gefühl nicht nur für die Verletzlichkeit der Welt vermittelte, sondern auch für deren Ganzheit.