Bedburg-Hau-Moyland Moyland: Beuys und die Architektur

Bedburg-Hau-Moyland · "Kunst.Bewegt.04" setzt bei Beuys einen neuen Schwerpunkt, schickt die britischen Malerradierer auf die Reise und in den Ersten Weltkrieg und entführt in Schneelandschaften des Jugendstils. Die neue Präsentation wird heute eröffnet.

 "Haus. 1962" titelt das Blatt, auf dem Josef Beuys den Archetyp eines Hauses malte.

"Haus. 1962" titelt das Blatt, auf dem Josef Beuys den Archetyp eines Hauses malte.

Foto: Gottfried Evers

Klingt wie eine Binsenweisheit, ist in der Regel aber so: Ein Haus hat ein spitzes Dach und vier Wände. Das Haus von Joseph Beuys hat vier Wände und ein spitzes Dach. Es ist in der für den Klever Bildhauer typischen Braunkreuzfarbe dick auf ein Blatt Papier gesetzt, hat einen Dachüberstand und ist links angeschnitten. "Haus. 1962" titelt das Blatt aus Ölfarbe und Wachs. Es steckt in einem dicken schwarzen Rahmen. Das Haus steht für den Beuys-Schwerpunkt in der neuen Einrichtung "kunst.bewegt.04" der ständigen Sammlung von Museum Schloss Moyland: "Beuys und die Architektur".

 Beim expressionistischen Holzschnitt konzentriert man sich auf Porträts.

Beim expressionistischen Holzschnitt konzentriert man sich auf Porträts.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Die beiden Sammlungskuratoren Dr. Barbara Strieder und Dr. Alexander Grönert haben wieder fast die komplette Schausammlung in den Kabinetten des Schlosses umgebaut, neue Bilder ausgesucht, gerahmt und geordnet. Traditionell bekommt die Beuys-Präsentation immer einen Schwerpunkt, der sich auf den größeren Raum neben dem Zwirnersaal konzentriert. Nach Beuys und der Schwan jetzt also die Architektur.

 Schneeland vergleicht Bilder aus Japan und dem Jugendstil.

Schneeland vergleicht Bilder aus Japan und dem Jugendstil.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

"Das Motiv des Hauses und Architekturmotive erscheinen schon früh im Werk von Joseph Beuys", sagt Dr. Wolfgang Zumdick. Er hat im Info3-Verlag ein Buch zum Thema veröffentlicht, das in den nächsten Tagen auf den Markt kommen soll und wie ein Begleitband zum Beuys-Schwerpunkt in Moyland genutzt werden kann (Besprechung folgt). Zunächst sind es Zelte und nomadische Behausungen, die Beuys in den Mittelpunkt dieser Blätter stellt. Vielleicht arbeitet er auch Kriegserinnerungen auf, wie in "Tatarenhäuser auf der Krim". Auf der russischen Halbinsel stürzte er mit seiner Junkers Ju 87 "Stuka" ab. Das Bild kann sich mit seinen grünen und blauen Feldern und den darin gezeichneten Häusern/Zelten auch wie eine Landkarte, wie ein Bild aus der Luft lesen.

Spannend präsentiert sich eine Klinkerwand, die Beuys für ein Krankenhaus entworfen hat, zu dem er auch die Relief-Keramikplatten "Gräberfeld" schuf. Der Klinkerverbund ist Stein für Stein minutiös mit Aquarellfarbe auf eine Gipsplatte gezeichnet. Der Verbund erinnert an alte, archaische Bauten, in denen Ziegel verschiedener Größe vermauert wurden. Auf diese Wand habe Beuys, erklärt Strieder, seine Entwürfe für ein Auschwitz-Denkmal skizziert. Auf der Wand ist eine Figuration zu erkennen, mit der Beuys ein Relief andeuten könnte. Aber Beuys sah auch die Wechselwirkung zwischen Natur und Architektur, die sich gegenseitig bedingen: "Ein griechischer Tempel, der sagt im Grunde, dass der Olivenbaum, der daneben steht, noch viel schöner ist als er, und der Olivenbaum sagt umgekehrt, dass der Tempel noch viel schöner ist als er."

Erstmals präsentiert wird in der Ausstellung im Parterre auch ein neues Mappenwerk, eine Schenkung an Schloss Moyland: Große Drucke, die eigentlich zu Beuys Geburtstag 1986 geschaffen, dann aber erst nach dessen Tod 1987 veröffentlicht wurden. Jedes der Blätter sollte eine Homage an den Künstler darstellen. Damit kann Moyland eine beachtliche Liste prominenter Namen versammeln, die alle in der schmalen Flur-Galerie im Parterre hängen: Andy Warhol ist darunter, Jannis Kounellis, Christo, Nam June Paik, Cindy Sherman, Jörg Immendorf, A.R. Penck und nicht zuletzt eine plastische Arbeit von Tony Cragg. Eigentlich schon eine Ausstellung für sich.

Den britischen Malerradierern sind gleich zwei Themen gewidmet: Reisen in ferne Welten mit exotischen Menschen und die als Kriegsreporter vor Ort arbeitenden Künstler im Palästina-Feldzug der Briten zum Kriegsjahr 1914 vor bald 100 Jahren.

Und spätestens, wenn der erste Schnee gefallen ist, ist Moyland mit "Schneeland", jenen wunderbaren Jugendstil-Winterbildern, wieder ein "Muss". Die Blätter zum Holzschnitt konzentrieren sich auf expressionistische Porträts.

"Kunst.Bewegt.04" wird heute Abend um 18 Uhr eröffnet.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort