Kleve Mit St. Martin auf Augenhöhe

Kleve · Das Gotteshaus in Zyfflich trägt den Namen des Mannes, der seinen Mantel mit dem Bettler teilte. Eine Holzplastik des Kölner Künstlers Paul Heiermann erinnert an den Patron. Dabei ist die Anordnung der Personen bedeutend – sie befinden sich alle auf einer Ebene.

 Blick in die Zyfflicher Kirche, die im Kern aus dem 11. Jahrhundert stammt und bis 1436 Stiftskirche war.

Blick in die Zyfflicher Kirche, die im Kern aus dem 11. Jahrhundert stammt und bis 1436 Stiftskirche war.

Foto: Gottfried Evers

KRANENBURG-ZYFFLICH In der Kirche St. Martin in Zyfflich gibt es eine einzigartige Darstellung des Patrons dieses Gotteshauses. Es ist eine Holzplastik des Künstlers Paul Heiermann aus Köln und zeigt den heiligen Martin in Augenhöhe mit dem Bettler, wie er seinen Mantel teilt. Der Heilige sitzt also nicht auf dem Pferd, wie man es sonst immer sieht, sondern das Pferd steht daneben. Die drei Darstellungen, Martin, Pferd und Bettler, werden zukünftig ihren Platz auf einem schmiedeeisernen Leuchter finden, der in Höhe der Kronleuchter angebracht wird.

 Die Heiermann-Plastik: Retter und Bettler auf Augenhöhe.

Die Heiermann-Plastik: Retter und Bettler auf Augenhöhe.

Foto: Evers, Gottfried

Neben dem Pfarrsiegel weist ein Gewölbe-Schlussstein über dem Altar auf den Pfarrpatron St. Martin hin, und an einer Wand in der Turmhalle hängt ein Relief mit der Darstellung von St. Martin, der gerade seinen Mantel mit einem unbekleideten Bettler teilt. Tief beeindruckt von Martin waren Paulinus von Nola, der am Grab des Felix in Nola ein Kloster gründete, in dem er lebte. Sein Freund, der Rhetor Sulpicius Serverus, gründete eine asketisch lebende gelehrte Gesprächsgemeinschaft und verfasste Martins Lebensgeschichte. Schon zu seinen Lebzeiten und erst recht später, beruhte Martins Verehrung auf Wundern, die nach seinem Tod noch zunahmen. Auf einer Missionsreise starb Martin. Mönche brachten seinen Leichnam auf der Loire nach Tours, wo er drei Tage später beigesetzt wurde – daher der Gedenktag. Auf der 40 Kilometer langen Strecke sollen in dieser Nacht die Ufer zu neuem Leben erwacht sein, ein Meer weißer Blüten habe den Fluss gesäumt. Zur Beisetzung strömte eine riesige Menschenmenge. Sein Schüler und Nachfolger als Bischof, Brictius, errichtete über Martins Grab eine Kapelle, die ein viel besuchtes Ziel von Pilgern und fränkisches Nationalheiligtum wurde. Perpetuus, Bischof von Tours 461 – 491, nahm Martin in den Festkalender des Bistums auf und errichtete eine neue, Martin geweihte Basilika. Das Patrozinium breitete sich nun rasch in der Gegend aus. Ab dem Beginn des 6. Jahrhunderts verbreiteten sich Patrozinien in Italien, so in Rom unter Papst Symmachus, auf dem Montecassino unter Benedikt, in Ravenna nach 540, dann auch in Spanien. Suebenkönig Chararich – durch Martin von Braga von der Richtigkeit der katholischen Lehre überzeugt – erhielt Martinsreliquien für Braga.

König Chlodwig I. erklärte Martin zum Schutzherrn der fränkischen Könige und ihres Volkes. Sein Mantel galt als fränkische Reichsreliquie, er wurde seit 679 am Königspalast in Paris aufbewahrt und auf allen Feldzügen mitgeführt. Wohl unter Pippin dem Mittleren kam die cappa in die Obhut der Karolinger, die die Martinsverehrung belebten und nach Friesland und in die rechtsrheinischen Gebiete verbreiteten.

Die Reliquien wurden größtenteils im 16. Jahrhundert von Hugenotten zerstört. Reste sind in der 1902 neu erbauten Martinskirche in Tours, die die alte, fünfschiffige Basilika ersetzt.

(stw)
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