Kleve Messerstecherei: Schweigen zum Motiv

Kleve · Am Klever Landgericht muss sich ein Georgier wegen versuchten Totschlags verantworten. Er hatte im Asylbewerberheim an der Stadionstraße in Kleve einen Mann mit Messerstichen schwer verletzt. Während der Verhandlung kam es zu einem Zwischenfall.

 Am Morgen des 20. Januars rückte die Polizei vor dem Asylbewerberheim an der Klever Stadionstraße an. In der Nacht hatte dort ein Georgier einen 31-jährigen Russen niedergestochen. Gestern begann der Prozess am Landgericht.

Am Morgen des 20. Januars rückte die Polizei vor dem Asylbewerberheim an der Klever Stadionstraße an. In der Nacht hatte dort ein Georgier einen 31-jährigen Russen niedergestochen. Gestern begann der Prozess am Landgericht.

Foto: Gottfried Evers

Dieser Angeklagte gibt Rätsel auf. Beim Prozessauftakt gestern am Klever Landgericht gestand er, einen anderen Mann mit einem Messer angegriffen und dabei fast getötet zu haben. "Das macht man nicht ohne Grund", sagte der Angeklagte. Genau diesen Grund zu nennen, blieb er aber schuldig. "Es ist vorher etwas passiert. Aber dazu möchte ich nichts sagen", so der 19 Jahre alte Georgier.

Immerhin gibt es genug Zeugen, die gesehen hatten, was sich in der Nacht zum 20. Januar im Asylbewerberheim an der Klever Stadionstraße zugetragen hatte. Staatsanwalt Daniel Klocke fasste die Geschehnisse so zusammen: Der Angeklagte hielt sich vor der Tat seit einiger Zeit in der Einrichtung auf, allerdings ohne dort gemeldet gewesen zu sein. Gegen 23 Uhr sprach er dort auf Georgisch einen Besucher an und versetzte ihm einen Schlag gegen den Oberkörper. Dann stach der Angeklagte mit einem Taschenmesser zweimal wuchtig in den Oberkörper des Opfers. Zwei anwesenden Männern gelang es schließlich, den Angreifer zu überwältigen. Sie brachten das stark blutende Opfer ins Klever Krankenhaus.

Die Verletzungen des damals 31 Jahre alten Russen waren jedoch so schwer, dass er in die Uniklinik Nimwegen gebracht und dort notoperiert werden musste. "Der linke Lungenflügel war zusammengefallen. Der Mann hatte innere Blutungen, ohne ärztliche Hilfe wäre er gestorben", sagte Klocke. Der Angeklagte, der nach der Tat fliehen konnte, sei erheblich alkoholisiert und so in der Fähigkeit, das Unrecht seines Handelns einzusehen, erheblich eingeschränkt gewesen, so der Staatsanwalt. Am Morgen nach der Tat wurde der Georgier von der Polizei verhaftet.

Der Angeklagte sagte gestern aus, dass er im September 2015 seine Heimat verlassen hatte, mit der Hoffnung auf ein besseres Leben in Deutschland. Der 19-Jährige habe als Fußballer in der ersten georgischen Liga gespielt und gehofft, seine Karriere in Deutschland fortsetzen zu können. Stattdessen habe er sich, nachdem sein Touristen-Visum abgelaufen war, ohne festen Wohnsitz herumgetrieben und viel Alkohol sowie Drogen konsumiert. Auch am Tag der Tat sei er nach 15 Flaschen Bier und einer kleinen Flasche Wodka betrunken gewesen, sagte der Angeklagte. Er habe im Asylbewerberheim an der Stadionstraße einen erkrankten Landsmann besuchen wollen. Als er dort auf den 31-jährigen Russen traf, habe er zugestochen. "Ich wollte ihn aber nicht töten", betont der 19-Jährige. Sein Motiv? "Es gab einen Grund dafür, aber darüber möchte ich nicht sprechen", so der Angeklagte.

Auch das Opfer wurde gestern angehört. Dem heute 32-jährigen Russen war sichtlich unwohl in seiner Rolle als Zeuge. "Ich habe Angst vor dem Angeklagten", sagte er zu Richter Christian Henckel. Der Zeuge berichtete, dass er bei dem Angriff sieben Stichwunden davongetragen habe. Ein Widerspruch: Der behandelnde Arzt hatte nach der Tat laut den Akten nur zwei tiefe Wunden festgestellt. "Ich dachte, ich müsste sterben", sagte der Russe. Und weiter: "Ich weiß bis heute nicht, warum er (der Angeklagte) das gemacht hat. Wieso? Wieso?"

Als ein weiterer Zeuge hereingeführt wurde, kam es zu einem Zwischenfall: Der Angeklagte sprang auf, beschimpfte den Zeugen und bewarf ihn mit einem Aktenhefter. Dann schlug er mit der Faust auf den Tisch. Deswegen wird er wohl bei der Fortsetzung des Prozesses am Dienstag unter besondere Bewachung gestellt.

(RP)
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