Kleve Mehr Verdachtsfälle von Kindeswohlgefahr

Kleve · Das Klever Jugendamt ist im vergangenen Jahr deutlich öfter entsprechenden Hinweisen nachgegangen, auch die Zahl tatsächlicher Gefährdungen ist gestiegen. Aber nicht immer muss auf gleiche Weise gehandelt werden.

Insgesamt 117 Mal ist das Klever Jugendamt im vergangenen Jahr Verdachtsfällen von Kindeswohlgefährdung nachgegangen. Das sind 21 Fälle mehr als noch im Jahr zuvor - und sogar 38 mehr als 2014. Die Hinweise kommen von den verschiedensten Stellen, wie Elke Laukens von der Stadt Kleve sagt: Nachbarn, Verwandte, Behörden, Schulen. "Wir prüfen sehr genau und sorgfältig jeden einzelnen Hinweis", sagt Laukens.

Neunmal ist von den Experten auch tatsächlich eine Kindeswohlgefährdung festgestellt worden. Im Jahr zuvor waren es sieben Fälle, 2015 nur zwei. "Das ist ausgesprochen selten, dann ist aber direktes Handeln geboten", sagt die Expertin. "Jeder Fall ist anders." Während an anderer Stelle häufig noch auf Einsicht und Mithilfe der Eltern gesetzt wird, ist bei der Kindeswohlgefährdung relativ zügig Schluss. Dann wird von außen vorgegeben, welche Hilfe das Kind und die Familie erhalten. Als letzte Maßnahme steht dann auch im Raum, den Minderjährigen aus der Familie zu nehmen.

Eine latente Kindeswohlgefährdung gab es in 22 Fällen (2015: 23, 2014: 14). Dabei liegt zwar noch keine akute Gefährdung des Kindeswohls vor, wenn sich die Situation in den Familien aber nicht verbessert, könnte es in Zukunft dazu kommen. Auch dann helfen die Mitarbeiter des Jugendamtes. 47 Mal fanden die Mitarbeiter keine Kindeswohlgefährdung vor, sahen aber Hilfe- oder Unterstützungsbedarf (2015: 31, 2014: 36). Ein Klassiker dafür ist die alleinerziehende Mutter, die vor besonderen Herausforderungen steht. Dann können Familien sozialpädagogische Hilfsangebote annehmen, wie Laukens erklärt. Unter hoher Beteiligung der Eltern geht es etwa um Grenzsetzungen für Kinder.

Bei 35 Fällen im vergangenen Jahr fand das Jugendamt weder Anhaltspunkte für Kindeswohlgefährdung noch für Hilfe- oder Unterstützungsbedarf. Der klassische Fehlalarm (2015: 37, 2014: 31). Vier Fälle werden noch ausgewertet.

Fälle von Kindeswohlgefährdung kommen übrigens in allen gesellschaftlichen Schichten vor, wie Laukens sagt. Eine Herausforderung ist die Welle an Flüchtlingen und Migranten. "Da gibt es Sprachschwierigkeiten, außerdem ist der kulturelle Hintergrund häufig ein ganz anderer als unserer", sagt Laukens. So gehen Eltern in anderen Kulturkreisen mit ihren Kindern anders um - deutlich strenger oder entspannter zum Beispiel.

Dass die Zahl der Verdachtsfälle von Kindeswohlgefährdung steigt, liegt im Landestrend. In Nordrhein-Westfalen mussten die Jugendämter dem Statistischen Landesamt zufolge im Jahr 2016 insgesamt 35.011 entsprechenden Hinweisen nachgehen. Das waren 9,4 Prozent mehr als noch im Vorjahr. 4331 Mal - also in etwa jedem achten Fall - wurde dabei eine akute Gefährdung festgestellt. In mehr als der Hälfte der Fälle wiesen die Kinder Anzeichen für eine Vernachlässigung auf, gut ein Drittel hatte Anzeichen für körperliche Misshandlungen. In 5288 Fällen bestand den Angaben nach eine latente Gefährdung. 11.483 Mal wurde ein Hilfsbedarf festgestellt.

Auch angesichts der gestiegenen Zahlen soll sich landesweit politisch etwas ändern. Die schwarz-gelbe Landesregierung unter Ministerpräsident Armin Laschet strebt laut Koalitionsvertrag den Ausbau des Frühwarnsystems in NRW an. Dabei wolle man den Eltern und Kindern in Not "wirksam und zuverlässig helfen."

(lukra)
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