Martin Schmitz in Kleve „Ich möchte, dass die Menschen verstehen, was Missbrauch bewirkt“

Kleve · Er war ein Kind, als er von einem Priester sexuell missbraucht wurde: Martin Schmitz aus Rhede gehört zu den Menschen, die ihr Schweigen über das, was ihnen angetan wurde, gebrochen haben. Nun las er in Kleve.

 Martin Schmitz, hier bei einer Lesung in Rhede, hat in Kleve sein Buch vorgestellt.

Martin Schmitz, hier bei einer Lesung in Rhede, hat in Kleve sein Buch vorgestellt.

Foto: Bischöfliche Pressestelle / Gudrun Niewöhner

Gerade ist im Lübbe-Verlag sein Buch „Der dunkle Hirte“ erschienen, eine Autobiographie, aus der Schmitz im Klever Kolpinghaus gelesen hat. Zwischendurch berichtete er immer wieder eindrücklich weitere Hintergründe und kam am Ende der Veranstaltung mit den Zuhörerinnen und Zuhörern ins Gespräch.

Er wolle sich nicht, betonte Schmitz, in den Vordergrund spielen. Ihm gehe es darum, dass die Geschichte des Missbrauchs durch den damaligen Kaplan Heinz Pottbäcker nicht in Vergessenheit gerät. „Ich möchte, dass die Menschen verstehen, was Missbrauch, insbesondere durch Kleriker, bewirkt“, sagte er. Er musste sein Studium abbrechen und auch heute noch würden ihn immer wieder Erinnerungen an den inzwischen verstorbenen Täter einholen.

Immer wieder hatte der damalige Kaplan den Jungen sexuell missbraucht, während einer Ferienfreizeit und auch in der Pfarrei, vor und nach den Gottesdiensten. Bis der Kaplan auf einmal weg war, von einem auf den anderen Tag – versetzt, wie Schmitz viel später erfahren wird. Das Martyrium ist für Schmitz damit aber nicht zu Ende. Die Bilder verfolgen ihn ebenso wie Ekel und Scham. Immer wieder sieht er im Schlaf die „gierigen Augen“ des Kaplans. Sie nehmen ihm jede Lebensfreude. Um sich abzulenken, fährt der Junge stundenlang mit dem Fahrrad durch die Gegend. Auf einer seiner Touren versucht er, sich das Leben zu nehmen. Mit schmerzhaften Schürfwunden kommt er nach Hause, seinen Sprung vom Betonsilo verschweigt er der Mutter.

„Ich habe versucht, alles zu verdrängen“, beschreibt Schmitz die folgenden Jahre. Schließlich stellt er sich seiner Geschichte. Eine jahrelange Therapie sowie die Unterstützung seiner Frau und der beiden Söhne helfen ihm. Albträume hat der 60-Jährige bis heute.

Das Bistum Münster hat eine Themenseite zum Thema Sexueller Missbrauch geschaltet. Dort ist der Kontakt zu bistumsunabhängigen Ansprechpersonen ebenso möglich wie eine anonyme Meldung, außerdem gibt es Informationen zu Beratungsmöglichkeiten.

Die Seite ist unter www.bistum-muenster.de verlinkt.

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