Tödlicher Brand in Klever Gefängnis „Dieser Vorgang ist für mich ein unfassbarer Justizskandal“

Kleve · Nach dem Tod eines unschuldigen Syrers im Gefängnis spricht die Opposition von einem Justizskandal. Justizminister Biesenbach habe wichtige Fakten verschwiegen, kritisierte SPD-Fraktionsvize Sven Wolf. Biesenbach selbst kündigt schnelle Aufklärung an.

 Der Zellengang der Justizvollzugsanstalt in Kleve (Archiv).

Der Zellengang der Justizvollzugsanstalt in Kleve (Archiv).

Foto: Stade, Klaus-Dieter (kds)/Stade,Klaus-Dieter (kds)

Zudem habe er das Parlament lückenhaft über den Vorfall unterrichtet, ihn heruntergespielt, und „objektiv die Unwahrheit“ gesagt, sagte Wolf weiter. Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Stefan Engstfeld, sagte: „Dieser Vorgang ist für mich ein unfassbarer Justizskandal.“ Es müsse schnell und transparent aufgeklärt werden, wer dafür die Verantwortung trage.

Nordrhein-Westfalens Justizminister Peter Biesenbach (CDU) hat sich derweil "betroffen" über den Tod des jungen Syrers in der JVA Kleve geäußert. "Es darf nicht sein, dass eine Person wegen Straftaten in Haft sitzt, die sie nicht begangen hat. Deswegen wird der Sachverhalt zügig und lückenlos aufzuklären sein", sagte Biesenbach dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwoch). Die Staatsanwaltschaft Kleve habe ein Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte wegen der Festnahme und der Inhaftierung eingeleitet. "Wir werden in der gemeinsam Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses über den Sachstand berichten", so der Minister.

Der Syrer war zwei Wochen nach einem Feuer in seiner Gefängniszelle gestorben. Er hatte mehr als zwei Monate lang zu Unrecht im Gefängnis gesessen, wie die Behörden einräumen mussten. Hintergrund: Ein gesuchter Dieb aus Mali soll sich in Hamburg zufällig mit dem Namen des Syrers ausgegeben haben. Obwohl dieser nur als Aliasname im Haftbefehl des Mannes aus Mali stand, wurde der Syrer Anfang Juli in Geldern festgenommen und ins Gefängnis gebracht.

Ein Justizsprecher wies die Vorwürfe zurück: Das Ministerium habe erst nach der Sitzung des Rechtsausschusses am vergangenen Mittwoch erfahren, dass der Gefangene möglicherweise verwechselt worden sei.

SPD und Grüne beantragten eine gemeinsame Sondersitzung von Rechts- und Innenausschuss zu dem Fall. Die Regierungsfraktionen CDU und FDP wollen nur den Rechtsausschuss zusammenkommen lassen.

Die Staatsanwaltschaft Kleve hat Ermittlungen gegen mehrere Polizisten wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung im Amt eingeleitet. Die Hamburger Staatsanwaltschaft sagt, sie habe zwei Mal nachgefragt, ob die Identität des Festgenommenen geklärt sei. Einmal sei das verneint worden. Freigelassen wurde der Syrer aber nicht.

Bei dem Gefängnisbrand hatten außer dem Syrer zehn weitere Menschen Rauchvergiftungen erlitten. Der 26-Jährige hatte das Feuer vermutlich selbst gelegt. Er starb am Samstag in einer Klinik in Bochum.

(felt/dpa/jeku)
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