LVR-Klinik Bedburg-Hau Kompetenz für Kinder und Jugendliche

Beate Linnemann ist die neue Chefärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Bedburg-Hau. Sie möchte die Modernisierung der für die Kreise Wesel und Kleve zuständigen Fachklinik weiter fortführen.

 Beate Linnemann ist die neue Chefärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und -psychotherapie (KJPPP) in der LVR-Klinik Bedburg-Hau.

Beate Linnemann ist die neue Chefärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und -psychotherapie (KJPPP) in der LVR-Klinik Bedburg-Hau.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Das Haus 47 der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und -psychotherapie (KJPPP) in der LVR-Klinik Bedburg-Hau sieht aus wie seit Jahren. Ein Zweckbau aus den 1970er Jahren mit Alufensterreihen und Reihen aus grauen Faserzementplatten. Doch ein neuer, leuchtend roter Windfang vorm Eingang kündet an: Hier wird jetzt an die Zukunft gedacht.

Bis 2025 wird sich das stationäre Angebot der KJPPP der LVR-Klinik Bedburg-Hau geradezu verdoppeln. Zu den 30 stationären Betten in Bedburg-Hau werden nochmals 30 Betten in Wesel dazu kommen. Die Tagesklinikplätze in Bedburg-Hau wurden auf zwölf aufgestockt, damit können hier künftig auch Jugendliche behandelt werden. Die Institutsambulanzen in Bedburg-Hau, Geldern und Moers runden das Angebot der KJPPP ab, zudem gibt es zwölf tagesklinische Betten in Geldern. Und die KJPPP bekommt eine neue Chefärztin: Beate Linnemann übernahm den Chefsessel Anfang April mitten in der Corona-Krise.

Die Krise trifft derzeit auch die Klinik. „Wir können jetzt leider nur eingeschränkt arbeiten, dringliche ambulante Behandlungen laufen aber fort“, sagt Linnemann. Aber Linnemann blickt über die Krise hinweg auf die Zukunft der KJPPP der LVR-Klinik mit den weiteren Standorten in Wesel, Moers und Geldern. Man wolle die bis jetzt geleistete Arbeit des Teams weiter fortführen, ausbauen und festigen, die Vielfalt der therapeutischen Möglichkeiten nutzen und den Weg der Modernisierung fortsetzen. „Wir wollen uns weiter als Teil eines wichtigen Netzwerkes verstehen, in dem die Familie ganz oben steht, in dem wir uns als ein Baustein verstehen, ein Netzwerk, in dem wir mit Schulen, Ärzten und der Jugendhilfe zusammenarbeiten“, sagt sie. „Zu uns kommen Familien mit großen Sorgen“, sagt sie. Dann stehe man als Therapeut und Arzt vor einem komplexen Prozess, in dem Psychiatrie ein Bauteil ist, der zu einer Lösung mehr beitragen könne. „Die Probleme sind individuell und bedürfen individueller Ansätze. Wir wollen die Familien da abholen, wo sie stehen“, sagt sie. Es ist immer ein Team aus Ärzten, Therapeuten, Pflegern und Erziehern, das mit der Familie zusammen arbeitet. Sie arbeite gerne in der KJPPP, sagt die 48-Jährige, die zunächst Kinderärztin „gelernt“ hat. „Es ist eigentlich das schönste Fach, gerade weil wir noch viel bewegen, mit der ganzen Familie arbeiten können“, sagt sie. Man könne bei vielen jungen Patienten noch einiges bewegen, die Hirnentwicklung sei ja in der Regel erst mit Mitte 20 abgeschlossen, so dass man bei der Behandlung auch die neurobiologischen Entwicklungsschübe nutzen könne.

Linnemann kommt aus Düsseldorf und kennt den Niederrhein, arbeitete als Kinderärztin unter anderem in Geldern und wechselte nach ihrem Facharzt 2008 zum Landschaftsverband Rheinland in die Kinder- und Jugendpsychiatrie nach Viersen, war nach ihrer 2. Facharztanerkennung als Kinder- und Jugendpsychiaterin Oberärztin der LVR-Klinik Bedburg-Hau in Geldern. Sie war als Ärztin ein Jahr in Neuseeland und leitete 2016 kommissarisch als Oberärztin die Kinder- und Jugendpsychiatrie des LVR in Düsseldorf. Der nächste berufliche Schritt war anschließend die Leitung der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie der DRK-Kinderklinik Siegen als Chefärztin. Privat ist Linnemann gerne mit ihrer Familie zusammen, liebt das Meer und das Segeln und tanzt gern.

Beruflich möchte sie sich in Zukunft weiter auf eines ihrer Spezialgebiete konzentrieren, der Traumatherapie für Kinder- und Jugendliche. Sie sehe es als dringend geboten an, hier weitere Angebote zu schaffen, da es eine erhebliche Zahl von Kindern und Jugendlichen gebe, die von Traumata betroffen sind. „Viele Kinder sind körperlicher und sexueller Gewalt ausgesetzt, über die sie oft nicht reden können, weil sie oft aus ihrem Umfeld stammt“, sagt Linnemann. Hinzu kommen Kinder, die Zeugen von Gewalt oder Unfällen, von Tod und Verletzungen geworden seien. „Man rechnet, dass ebenso viele Kinder von Traumata betroffen sind, wie von ADHS“, sagt sie. Vielleicht seien es sogar mehr. Traumata äußerten sich dabei in Konzentrationsstörungen, Alpträumen oder Depression, um nur einige der Symptome zu nennen, erklärt die KJPPP-Psychiaterin. Die Überschneidungen zu anderen Krankheitsbildern sind vielfältig, daher ist ein geschärfter diagnostischer Blick genauso wichtig, wie die Schaffung passender therapeutischer Angebote. Diese dringend notwendigen Angebote möchte sie stärker entwickeln, in Zukunft in Bedburg-Hau ein entsprechendes Kompetenzzentrum schaffen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort