Bedburg-Hau LVR: 20 Jahre Betreutes Wohnen

Bedburg-Hau · Der Landschaftsverband Rheinland gibt psychisch kranken Menschen die Möglichkeit, in einem behüteten Umfeld zu leben. Familien aus Bedburg-Hau, Kleve, Goch, Geldern und Uedem betreuen die Patienten rund um die Uhr.

 Beate Stranzenbach, Anne Thyssen, Anne Kalus und Egon Kalus, von links.

Beate Stranzenbach, Anne Thyssen, Anne Kalus und Egon Kalus, von links.

Foto: Gottfried Evers

70 psychisch erkrankte Menschen im Alter von drei bis 78 Jahren leben derzeit in Gastfamilien. Familien aus Bedburg-Hau, Kleve, Goch, Geldern und Uedem betreuen die Patienten rund um die Uhr. Die Patienten leiden unter unterschiedlichen Problemen und Belastungen, wie zum Beispiel einem gestörten Sozialverhalten, emotionalen Störungen, Erfahrungen mit Suchtmitteln oder auch unter geistiger Behinderung.

Für die Betreuung ist keine besondere Ausbildung erforderlich. "Im Prinzip gibt es keine ungeeigneten Familien", sagt Karl-Peter Röhl, Leiter der sozialen Rehabilitation. Die Klienten leben in unterschiedlichen Familienverhältnissen. Auch gleichgeschlechtliche Paare haben schon Betreuungen übernommen.

Seit 1993 bietet der Landschaftsverband Rheinland (LVR) in Bedburg-Hau "Betreutes Wohnen in Familien" (BWF) an. Durch das Betreuungsangebot des Betriebsbereiches "Soziale Rehabilitation"wird Menschen mit psychischen Behinderungen eine Alternative zur klassischen Heimunterbringung gegeben.

Das Konzept entstand 1990 im Rahmen von Enthospitalisierungsmaßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen für rund 900 Patienten, die auf einer Langzeitstation untergebracht waren", berichtet Röhl. Der zentrale Gedanke des Konzeptes bestand schon damals darin, Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen- und sozialen Leben teilzuhaben zu lassen. Heute spricht man in diesem Zusammenhang von "Inklusion". "Im Vorfeld findet ein langes Kennenlernen und auch ein Probewohnen statt", erläutert Ottmar Hanschke, Diplom-Psychologe. "Wenn Klient und Familie dann zusammenpassen, ist das schon die Hälfte des Erfolgs." Die Art dieser Betreuung wurde kontrovers diskutiert. Doch die Erfahrungen sind überwiegend positiv. Das bestätigen auch Anne und Egon Kalus aus Goch, die zur Zeit zwei Frauen mit psychischer Behinderung bei sich aufgenommen haben. "Bei uns wurde eine Wohnung frei und durch die Betreuung konnten wir etwas Gutes tun und einen Menschen wieder auf den richtigen Weg bringen", erzählt Egon Kalus. Eine der psychisch erkrankten Damen, die seit drei Jahren bei Familie Kalus wohnt, sagt: "Mir war schnell klar, dass ich zu dieser Familie will. Seitdem ich bei der Familie wohne hab ich mich gut entwickelt. Noch vor zwei Jahren hätte ich mich nicht hier mit ihnen an den Tisch setzen können." Durch das enge Zusammenleben in der Familie hat sie an Selbstbewusstsein und Stärke gewonnen.

Mindestens zwei der neun Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Betreuungsangebots stehen den Familien bei Problemen jederzeit zur Verfügung.

Die Klienten werden entweder vom gesetzlichen Betreuer oder von stationären- und ambulanten Einrichtungen des Kreises an den LVR vermittelt. Finanziert wird das Angebot durch die Grundsicherungsleistungen örtlicher Sozialämter und ein Teil der Kosten übernimmt der LVR.

(RP)
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