Kleve Grün – Die Farbe der Hoffnung

Kleve · Der in Brasilien geborene Pastor Dr. Maurus Schneider aus dem Seelsorgeteam St. Mariä Himmelfahrt beschreibt die liturgische Farbe.

 Pastor Maurus Schneider im grünen Messgewand in der Klever Stiftskirche.

Pastor Maurus Schneider im grünen Messgewand in der Klever Stiftskirche.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

 „Als ein in Brasilien geborener und inkardinierter Priester sind meine Erfahrungen vielleicht ein bisschen unterschiedlich zu den  hiesigen Gepflogenheiten“, sagt Pastor Dr. Maurus Schneider, der in der Pfarrgemeinde St. Mariä Himmelfahrt in Kleve als Seelsorger tätig ist.

„In meiner Gegend, im Staate Maranhao, am Rande des Amazonas, ist die Kultur sehr von den Afrikanern und Einheimischen geprägt. Das merkt man in der Geselligkeit, in Musik und Tanz, ebenso auch in der liturgischen Kleidung. Das Bunte, Spielerische hat seine Dominanz. Die kirchlichen Textilien sind oft geschmückt mit farbenfrohen Symbolen: Trauben und Weizenähren, Brot und Kelch, Fische, Vögel und Blumen, aber auch das Kreuz oder PX für Christus fehlen nicht“, erklärt der aus Brasilien stammende Seelsorger.

Man solle die Ausdruckskraft der Farben nicht unterschätzen; ihr Symbolwert spreche jeden Menschen unmittelbar an. Die Farbe Grün werde bei Gottesdiensten in den Sonntagen des Jahreskreises getragen, nach dem Weihnachtsfestkreis, also ab der Taufe des Herrn, und Osterfestkreis, nach Pfingsten, wenn keine andere liturgische Farbe vorgeschrieben sei, erläutert der Geistliche.

Dann kommt Pastor Schneider wieder auf seine Heimat zurück: „Im Amazonas kennen wir nur zwei Jahreszeiten: Trockenheit, wir sagen dazu Sommer und Regenzeit, den Winter. Obwohl es je nach Baumart das ganze Jahr über irgendwo Blüten und Früchte gibt, sprießt die Natur in der Regenzeit mit unglaublicher Wucht hervor. Man bekommt den Garten überhaupt nicht mehr gepflegt, soviel Grün wächst jeden Tag. Früher sagte man zum Regenwald des Amazonas die „grüne Hölle“. Er war praktisch undurchdringlich und barg die vielen unbekannten Gefahren. In Wirklichkeit ist er die „grüne Lunge“ für den Bestand des Lebens auf der ganzen Welt. Wenn der jetzige Präsident ausspricht, ‚der Amazonas gehört uns, nicht euch, ich bin Käpt’n Kettensäge, ich werde wie Kaiser Nero den Amazonas in Flammen setzen’, dann wird uns der Amazonas tatsächlich zur Hölle. Damit hat er Benzin ins Feuer gelegt. Nachdem es lichterloh gebrannt hat, sind die unmittelbar getroffenen Maßnahmen wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Auswirkungen und apokalyptischen Szenarien sind schier unüberschaubar. Nach einer langen Trockenzeit oder einem langen Winter wie hier in Europa symbolisiert Grün die Explosion der Natur. Es ist die Erlösung aus der Depression. Grün ist die Farbe der frisch sprossenden Vegetation, der aufgehenden Saat, die Farbe des Lebens. Als die Farbe der Flora steht Grün für Fruchtbarkeit und Wachstum. Grün will sich entfalten. Es repräsentiert die starke Kraft der Natur. Grün ist die Farbe des Aufbruchs, wie die Ampeln im Straßenverkehr es schon künden. Grün ist die Farbe, die dem Auge wohl tut. Krankenhäuser favorisieren zunehmend diese Farbe in den Kleidern der Ärzte, in den Teppichen und an den Wänden. Als eine jedes Jahr sich erneuernde Pracht ist Grün ebenso die Farbe der Erwartung der kommenden Ernte, es ist die Farbe der Hoffnung“.

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