Kleve Mordprozess - Zeugen stark traumatisiert

Kleve · Am zweiten Verhandlungstag sagen 14 Personen aus. Augenzeugen berichten von dramatischen und chaotischen Szenen im Supermarkt. Eine Verkäuferin muss psychologisch betreut werden und den Arbeitsplatz wechseln.

 Der Vorsitzende Richter der Strafkammer in dem Mordprozess ist Ulrich Knickrehm (Mitte).

Der Vorsitzende Richter der Strafkammer in dem Mordprozess ist Ulrich Knickrehm (Mitte).

Foto: Gottfried Evers

Jutta B. (Namen geändert, die Red.) fällt es heute noch schwer, wenn sie darüber reden muss, was sie am 31. März in dem Lidl-Supermarkt an der Materborner Allee gesehen hat. "Ich dachte eigentlich, mit meiner Aussage bei der Polizei sei meine Aufgabe erfüllt. Als ich jetzt die Vorladung im Briefkasten hatte, ist aber alles wieder hochgekommen", sagt die Frau, die an dem Märzabend lediglich ein paar Besorgungen in dem Markt machen wollte.

Jutta B. beschreibt Szenen voll Dramatik und Chaos. Wie drei Männer "in einem Knäuel" miteinander ringen, Kunden des Supermarkts versuchen, die Kämpfenden zu trennen. Sie werfen mit Dosen, Flaschen, sogar den Stühlen der Kassierer. Doch sie können nicht verhindern, dass immer wieder auf das Opfer eingestochen wird.

Am zweiten Prozesstag um den Tod eines 43-Jährigen hat es einen regelrechten Aussage-Marathon gegeben. 14 Personen wurden in sechs Stunden gehört. Darunter Augenzeugen, Ersthelfer, Polizeibeamte.

Verkäuferin Verena P. hält es nicht mehr in dem Geschäft aus, seitdem sie das Tötungsdelikt beobachtet hat. Sie kassierte gerade, als der Tumult im Geschäft losbrach - musste jetzt die Filiale wechseln, um ihren Beruf weiter ausüben zu können. "Als ich das Messer gesehen habe, hab ich nur meine Kollegin gefasst und sie auf die Seite gezogen", erzählt sie. Alles sei extrem schnell gegangen. "Ich wusste selbst nicht, wie ich mir helfen sollte", berichtet sie. Als die drei Männer an ihr vorbeirennen, streift einer von ihnen die Hand der Verkäuferin. Erst später fällt ihr auf, dass diese blutverschmiert ist. "Von wem das Blut stammte, weiß ich aber nicht", sagt sie. Als alles vorbei war, hätten dann viele Menschen am Fenster gestanden und gegafft. "Das finde ich einfach nur grauenvoll", sagt sie.

Jutta B. leidet noch heute unter den Eindrücken. "Ich habe eigentlich versucht, das alles zu verdrängen", sagt sie. "In der ersten Zeit konnte ich nicht alleine einkaufen gehen. Wenn mir jetzt auf der Straße Ausländer begegnen, muss ich die Straßenseite wechseln", sagt sie.

(RP)
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