"Lidl"-Mord in Kleve Blutrache-Prozess: Zeugen sind traumatisiert

Kleve · Am zweiten Prozesstag zum "Lidl"-Mord im Klever Landgericht sind am Donnerstag 14 Zeugen angehört worden. Einige der Zeugen sind von den Beobachtungen der Tat traumatisiert.

Mann stirbt bei Messerstecherei in Kleve
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Mann stirbt bei Messerstecherei in Kleve

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Foto: Stade, Klaus-Dieter

In sechs Stunden hat das Landgericht Kleve 14 Zeugen angehört. Mehrere der am Donnerstag angehörten Zeugen erzählten vor Gericht, der jüngere, schlankere Angeklagte habe das Opfer geschlagen und mit einem Messer auf ihn eingestochen. Ein Polizist, der bei der Festnahme der beiden Verdächtigen an der A57 beteiligt war, beschrieb die Angeklagten "ruhig" und "gefasst". Noch während der Flucht informierten die Angeklagten die Polizei selbst über ihren Standort.

Die beiden Angeklagten sind beschuldigt, am 31. März dieses Jahres einen 43-jährigen türkisch-stämmigen Mann im Kassenbereich des "Lidl"-Supermarktes an der Materborner Allee mit 44 Messerstichen niedergestochen zu haben. Die blutige Gewalttat ereignete sich vor den Augen der Supermarkt-Angestellten und denen zahlreicher Kunden.

Vor Gericht erzählten heute mehrere Zeugen, sie seien nach der Tat traumatisiert. Eine junge Frau sagte bei ihrer Anhörung, sie müsse seit der Tat die Straßenseite wechseln, wenn ihr ein Ausländer entgegen komme. Eine andere Zeugin, eine Mitarbeiterin des Supermarktes, musste nach der Tat in eine andere Filiale wechseln.

Auf Nachfrage unserer Redaktion sagte der Staatsanwalt, dass der Supermarkt nicht video-überwacht sei und es daher keine Aufnahmen von der Tat gäbe. Mehrere Zeugen sagten aus, dass ein junger Mann die Tat mit einem Handy gefilmt habe. Bislang konnte die Polizei den Mann allerdings nicht ausfindig machen.

Die Zeugenbefragung gestaltet sich als langwierig, da sich die Zeugen teilweise im Detail widersprechen. Eine der zentralen Fragen im Prozess ist, welcher der beiden Angeklagten das Messer in den Händen hielt. Auch wo das Fluchtfahrzeug stand und welcher der Tatverdächtigen gefahren ist, bleibt bislang unklar.

Ein 36-jähriger Arzt schilderte dem Gericht das Drama: Der Augenzeuge erzählte, er habe bereits im Eingangsbereich versucht die beiden mutmaßlichen Täter und das 43-jährige Opfer voneinander zu trennen. Dabei sei er mit einem Einkaufswagen auf die drei Personen losgegangen. Er habe gesehen, dass einer der beiden Täter ein Messer in der Hand hatte, konnte dem Gericht aber nicht mehr sagen, welcher von beiden.

Durch das Eingreifen des 36-jährigen Emmerichers habe das Opfer zurück in den Supermarkt flüchten können. Die Angreifer seien ihm jedoch gefolgt und hätten auch dort nicht von ihm abgelassen. Der Arzt versuchte auch im Supermarkt die Täter von dem Opfer zu trennen: "Ich habe Wasserflaschen und Stühle auf die Männer geworfen, eben alles was gerade greifbar war um die drei zu trennen", berichtete er vor Gericht. Als die mutmaßlichen Täter von dem 43-Jährigen abließen, habe er sofort mit der ärztlichen Notversorgung begonnen. Zu dem Zeitpunkt habe das Opfer noch ein Messer in der Hand gehalten.

Ein weiterer Zeuge, ein 16-Jähriger, identifizierte vor Gericht nach einer Fotovorlage den jüngeren der beiden mutmaßlichen Täter als denjenigen, der auf das Opfer eingeschlagen habe. Er hatte auch die Polizei gerufen. Die dritte Zeugin war die Mutter des 16-Jährigen. Sie konnte jedoch keine detaillierten Angaben zu der Tat machen, da sie währenddessen auf dem Parkplatz auf ihren Sohn gewartet hatte.

Während des zweiten Prozesstages wurde außerdem bekannt, dass ein reger Telefonausstausch innerhalb der Täterfamilie stattgefunden haben soll. Beim ersten Prozesstag wurden die Angeklagten angehört. Beide mutmaßlichen Täter schwiegen jedoch. Ihr Anwalt bescheinigte ihnen ein "Trauma". Ein psychiatrisches Gutachten lehnten beide dennoch ab.

Am 30. Oktober wird der Prozess im Klever Landgericht fortgesetzt.

(skr)
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