Kleve Leierkästen locken Tausende nach Kleve
Kleve · Trotz Kälte und Regenschauern war die Innenstadt beim Stadtfest am Sonntag gut besucht. 23 Drehorgeln und vier Großorgeln sorgten für Unterhaltung. Der Hingucker am EOC: die größte transportable Drehorgel der Welt.
Von wegen alte Leier: Bereits zum 15. Mal ist in Kleve das Drehorgelfest gefeiert worden, genug haben die Besucher scheinbar noch lange nicht. Selbst von den eher ungemütlichen Temperaturen ließen sich sich Tausende am Sonntag nicht abschrecken und schlenderten durch die Klever Innenstadt. Neben den geöffneten Geschäften, dem Trödelmarkt und den vielen Imbiss-Buden waren natürlich vor allem die 23 Drehorgeln und vier Großorgeln echte Hingucker. "Wir haben an der Hochschule Studenten aus Asien und Afrika, die haben Drehorgeln bestimmt noch nicht gesehen", sagte der stellvertretende Bürgermeister Martin Gietemann (SPD) beim sogenannten "Anorgeln" am Fischmarkt.
Ins Staunen kamen aber zuweilen nicht nur die Studenten. Denn gerade die größte transportable Drehorgel der Welt, die am EOC Stellung bezogen hatte, erwies sich als Publikumsmagnet. Inhaber Willem Kelders (54) kennt die technischen Daten seines Schatzes, der auf den Namen "Victory" hört, mittlerweile in- und auswendig: "Die Orgel wiegt 13 Tonnen, alles funktioniert mit Druckluft", erklärt er. Kurbeln muss dabei aber niemand mehr. 35 000 Liter Luft pro Minute werden mit einem Gebläse durch den Koloss gepumpt.
Heraus kommen dabei auch ganz überraschende Klänge. "Wir spielen alles, von Klassischen Werken wie Bach bis zu Rock-Musik von Queen", sagt Willem Kelders. Und das mit dem Wohnmobil in ganz Europa: "Wir kommen aus Breugel, einem Ort bei Eindhoven. Zu Auftritten im Umkreis von 1500 Kilometern reisen wir schon", sagt der Niederländer. Ob mit der Fähre nach England, nach Südfrankreich — oder eben nach Kleve. "Neulich hatten wir eine Anfrage aus Norwegen, aber das war uns zu weit", sagt er. Auch wenn das Orgelspielen sein Hauptberuf ist, hat der 54-Jährige sich mittlerweile mehrere Standbeine aufgebaut. "Sonst würde es manchmal zu dünn werden", sagt Kelders.
Der Niederländer kennt jede Schraube an seinem Instrument, hat es vor elf Jahren selbst mit zusammengebaut. "Sieben Mann haben 28 Monate daran gearbeitet", sagt er. Auch bei Ersatzteilen muss er selbst mit Hand anlegen. "Das bekommt man ja fast nirgendwo. Auch den Lkw mussten wir maßanfertigen", sagt Kelders. Nach dem Halt in Kleve wird die "Victory" zum ersten Mal überhaupt komplett auseinandergebaut. "Einmal in zehn Jahren sollte man das schon machen, um alles zu warten, zu säubern und zu erneuern", erklärt er. Ist sie imnächsten Jahr erneut in Kleve zu sehen (und hören), ist alles gut gegangen.
Das Drehorgelspiel ist bei den Kelders Familientradition. "Mein Großvater hat bereits seit 1938 mit Drehorgeln gearbeitet, dann mein Vater und jetzt Ich. Meine Kinder sind auch schon dabei", sagt der 54-Jährige. Vier große und zwei kleine Orgeln gehören zum Bestand der Familie, das Prachtstück ist dabei aber eindeutig die "Victory".
Ans Aufhören denkt Willem Kelders dabei noch lange nicht. "Das mache ich so lange, bis mit mir Schluss ist", sagt er.