Kleve Lauf, Mama!

Kleve · Anna Noy hat eine Sportgruppe für Mütter in Kleve gegründet. Auch bei Eiseskälte oder Regen trainieren die Frauen mit Kinderwagen am Forstgarten und tasten sich langsam wieder an den Sport ran.

 Laufen auch bei Minusgraden (v. l.): Kirsten Offenberg, Bettina van Triel, Anna Noy, Autorin Verena Kensbock und Saskia Wahrendorf.

Laufen auch bei Minusgraden (v. l.): Kirsten Offenberg, Bettina van Triel, Anna Noy, Autorin Verena Kensbock und Saskia Wahrendorf.

Foto: mvo

Es hat Bettina van Triel schon Überwindung gekostet. Aber sie hat sich warm angezogen, ihren Sohn Henrik in den Kinderwagen gelegt und sich morgens bei minus vier Grad auf den Weg gemacht zu den barocken Gartenanlagen. Eine Eisschicht bedeckt den Prinz-Moritz-Kanal, der gefrorene Tau auf den Wiesen glitzert. Unter dem Eisernen Mann warten drei Frauen mit Kinderwagen. Anna Noy erkennt man an ihrer pinken Jacke. Selbst ihre zweijährige Tochter Larina weiß: Wenn Mama etwas Pinkes anzieht, geht sie zur Arbeit.

Arbeit bedeutet für Anna Noy momentan Sport. Sie leitet eine Gruppe für Mütter, die wenige Monate nach der Geburt wieder fit werden wollen. Geschichten von Kindern gehören in dieser Trainingsgruppe dazu wie das Aufwärmen. Läuft deiner schon? Wie viele Zähne hat die Kleine? Hat er schon angefangen zu sprechen? Schließlich ist der Nachwuchs direkt mit dabei. Ruhig liegen Henri, Henrik und Victoria in ihren Kinderwagen, geben nur ab und zu ein Gluckern von sich.

Anna Noy hat die Sportgruppe gegründet. Sie weiß, wie schwer es ist, als frischgebackene Mutter wieder Sport zu treiben. Die gebürtige Sauerländerin lebte lange Zeit mit ihrem Mann in Düsseldorf. Dort brachte sie auch ihre Tochter zur Welt. "Ich wollte nach der Geburt wieder Sport machen, hatte aber keine Betreuung", sagt Noy. "Also musste das Kind mit." Anna Noy findet eine Gruppe mit dem Namen "Laufmamalauf", die draußen gemeinsam mit dem Kinderwagen joggt und Fitnessübungen macht. 2016 zieht die Familie nach Kleve - in die Heimatstadt von Anna Noys Mann. "Hier habe ich dann etwas Ähnliches gesucht, aber nichts gefunden."

Also beschließt Anna Noy, selbst einen Kurs zu leiten. Sie absolviert ihren Trainerschein und Seminare zum Sport nach der Geburt. Seit Mai 2017 bietet sie die Gruppe in Kleve an. Ab März kommt auch ein Kurs in Goch hinzu. 89 Euro kostet ein Zehn-Wochen-Kurs.

Mit den Kinderwagen laufen die Mütter hintereinander am Kanal entlang und spielen Überholen: Immer die Letzte in der Reihe muss an den anderen vorbeilaufen. Das Training soll möglichst alle Körperregionen abdecken, ist aber an die Mütter angepasst. Mit Übungen wie Unterarmstütz stärken sie Arme und Schultern, da die Mamas ihre Kinder oft tragen müssen. Mit Kniebeugen am Baum trainieren sie den Beckenboden, der während der Schwangerschaft stark belastet wird. Nur mit Bauchübungen müssen Mütter vorsichtig sein, sagt Noy. Denn während der Schwangerschaft drückt das Baby gegen die Bauchdecke und schiebt die Muskelstränge zur Seite. "Wenn man Bauchübungen zu früh nach der Geburt macht, trainiert man die krummen Muskeln."

Für die Mütter ist es oftmals ein langsames Rantasten an den Sport. "Ich will den Mamas das Gefühl geben: Du bist zwar nicht mehr so fit wie vor der Schwangerschaft, aber es wird wieder", sagt Noy. Natürlich gehe es um die Bewegung und die frische Luft, ums Abnehmen und die Betreuung. "Es geht aber auch um Akzeptanz. Hier sehen die Frauen, dass auch andere Kinder schreien, und sie müssen sich nicht schämen." So empfindet es auch Bettina van Triel. Sie hatte die Gruppe vor einigen Monaten über Facebook gefunden. "Ich will natürlich die Pfunde wieder loswerden", sagt die 33-Jährige. "Mir geht es aber auch darum, andere Mütter kennenzulernen und mich auszutauschen." Als ihr Sohn Henrik unruhig wird, kümmert sich Anna Noy. So kann Bettina van Triel ihre Kniebeugen weitermachen.

Frühestens sechs Wochen nach einer natürlichen Entbindung sollten Frauen wieder Sport machen, sagt die Trainerin. Nach einem Kaiserschnitt sollten sie zwei Monate warten. Anna Noys Erfahrung nach dauert es aber meist fast drei Monate, bis Mütter sich bei ihr anmelden.

Der sechs Monate alte Henri, Sohn von Kirsten Offenberg, jammert in seinem Kinderwagen. "Die Babys sind wie ein Uhrwerk" sagt Noy. "Sie merken immer, wenn die Stunde vorbei ist."

Anna Noy ist per E-Mail erreichbar: anna-kleve@laufmamalauf.de.

(veke)
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