Kleve Kurhaus zeigt die Basis mit Gästen

Kleve · Die Sammlung im neuen Rahmen und sieben Gastkünstler zeigt das Museum Kurhaus Kleve ab Sonntag. Museumsdirektor Harald Kunde baute das komplette Haus um. Dazu junge Positionen aus Malerei und Bildhauerei.

 Überladener Malereiraum: Anton Henning Installation.

Überladener Malereiraum: Anton Henning Installation.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Paris musste der schönsten Göttin den Apfel geben. Scarlett Johansson als Vermeers Mädchen mit dem Perlenohrring hingegen muss den bedeutendsten Künstler der Gegenwart erwählen, ihm den Lorbeer aufsetzen. Ist es nun der still am Tisch sitzende Gerhard Richter, der verstohlen das Geld für seine teuersten Werke in die Sakkotasche steckt? Oder ist es der 1997 verstorbene Martin Kippenberger im Dandy-Smoking? Der hatte immerhin die Paris-Bar in Berlin gemalt, in der die Szene spielt. Oder behält Johansson den Lorbeer gleich selbst, so divenhaft, wie sie auf dem Bild steht - als Muse des großen Jan Vermeer?

Es ist ein fast wandgroßer Gobelin, in die die 1955 in Viersen geborene Margret Eicher ihre Figuren weben ließ. Figuren, die sie aus Bildern, aus Magazinen am Rechner neu erarbeitet und zusammenfügt und das Ergebnis dann als Gobelin weben lässt. "Sie nutzt die tradierten Muster der höfischen Malerei wie eine Folie, die mit zeitgenössischen Inhalten gefüllt wird und Sequenzen des kollektiven Bewusstseins an die Ehrbarkeit des Gobelins bindet", sagt Prof. Harald Kunde, Direktor vom Museum Kurhaus. Da kann sich dann auch Lara Croft auf einem kostbaren Gobelin hinfläzen, in einem Bild des Malers Josef Anton Koch mit einem nachdenklichen Oligarchen Chodorkowski am See, an dessen Ufer auch noch Hammer und Sichel auf der Erde liegen. Auf einem weiteren Gobelin geht's um Dürers großes Rasenstück: Das trägt ein schießender Soldat als Tarnung auf seinem Helm. Und doch sei alles Simulation, suggeriert die Inschrift auf dem Schnellfeuergewehr - um den Soldaten gruppieren sich Bilder aus dem ersten Irak-Krieg.

Margret Eicher, Thomas Kühnapfel (wir berichteten Dienstag), Anton Henning, Jack Pierson, Andreas Slominski und Yves Zurstrassen sind die Gäste im großen Sommertheater des Harald Kunde, das am Sonntag im Kurhaus eröffnet wird. Dazu hat Kunde nicht nur die Sammlung in komplett anderer, teils ausgesprochen spannender Einrichtung neu geordnet (Bericht folgt), sondern er zeigt auch junge Positionen aus Malerei und Bildhauerei. Nicht zu vergessen die wunderbaren Malereien von Franz Gertsch, die bis Ende September in Kleve zu sehen sind. Mit der neuen Ordnung kann Kunde die Gäste besser ins Friedrich-Wilhelm-Bad locken, ebenso, wie er im Kurhaus die Möglichkeit für flexible Ausstellungen bekommt. Der Besuch lohnt allemal. Und da stehen die neuen, jungen Positionen im Mittelpunkt: Thomas Kühnapfel wird heute um 19 Uhr seine Stahlskulptur "Big in Japan" aufgehen lassen.

Anton Henning entführt in einen schwülstigen Raum voll großer Bilder, die die Positionen der Malerei bis Dali durchdeklinieren. Schwere, leuchtende Holzkästen umrahmen seine Bilder, in der Mitte des Raums steht eine plüschige Sitzbank. Sie ist Teil der Installation, somit Kunst, man darf sie aber benutzen, hieß es gestern. Kunde spricht hier zu Recht von einem hochenergetischer Raum, "der die Kur-Klischees der Salonmalerei selbstbewusst unter Strom setzt". Und darüber nachdenken lässt, was Museum wie machen sollte oder eben nicht.

Jack Pierson wiederum ist ein Sammler von Buchstaben: große, von Werbetafeln, Lettern aus Setzkästen, ausgeschnittene aus Holz. Daraus setzt der US-Amerikaner neue Satzfrequenzen zu Rauminstallationen zusammen, die sich gegenseitig bedingen. Es geht um falsche Götter, tote Soldaten. Und er sagt, dass sein Auge, das Auge Gottes, wie Kunde erklärt, auch auf dem Spatzen ruht. Anderas Slominski hängte in Kleve geschlossene Schwinggaragentore im Oberlichtsaal auf die Wand. Man fühle sich wie Menschen, die in der Garage Dinge erfinden, die die Welt verändern, habe Slominski erklärt, sagt Kunde. Doch letztlich schauen diese Menschen auch nur gegen das geschlossene Blech-Tor . . .

Yves Zurstrassen, der Belgier, bringt klassische Farbmalerei: Auf einer grundierten Fläche werden Muster abgeklebt, die mit diversen Farbschichten überzogen werden - dann werden die Klebestreifen abgezogen, so dass ein gleichmäßiger Rapport entstehet - wie bei einer Tapete oder einer Tischdecke. Darüber spachtelt Zurstrassen pastos Farbe, kratzt Teile wieder ab, malt mit breitem Pinsel nochmals Muster darüber.

Die Ausstellung wurde von der Kunststiftung NRW gefördert, so dass am Ende auch ein Katalog erscheinen wird. Jetzt gibt es zur Ausstellung ein schönes Programmheft.

(RP)
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