Kranenburg Kunsthandel - aus Kranenburg in die Welt

Kranenburg · Georg Friedrichs ist seit 25 Jahren Kunsthändler. Ende der 90er Jahre startete er als erster in Deutschland eine Online-Plattform. Sein Beispiel zeigt: Wer am Markt Erfolg haben will, braucht eine Nische.

 Kunsthändler Georg Friedrichs hat früh erkannt, welche Chancen das Internet in seinem Beruf bietet und wie er diese nutzen kann.

Kunsthändler Georg Friedrichs hat früh erkannt, welche Chancen das Internet in seinem Beruf bietet und wie er diese nutzen kann.

Foto: Evers

Nichts Extrovertiertes ist an diesem Mann zu finden: Keine goldenen Manschettenknöpfe, kein Samt-Sacko mit Vogelprint. Georg Friedrichs ist ein Mann, den Freunde als bodenständig beschreiben. Dabei ist er Teil eines der größten Luxus-Märkte - des Kunsthandels.

2013 sind schätzungsweise 2,5 Milliarden Euro im deutschen Kunsthandel umgesetzt worden. Weltweit sollen es 47,5 Milliarden Euro sein. "Eigentlich sind es viele kleine Märkte", sagt er. Sie unterscheiden sich in Preisklassen, vor allem aber in der Leidenschaft der Kunden. "Die einen sammeln Antiquitäten, andere Masken aus Afrika, wieder andere Druckgrafik. Und für alles gibt es Spezialisten", sagt Friedrichs.

Seit 1990 ist Friedrichs Kunsthändler. In den ersten zehn Jahren seines Berufslebens reiste er von einer Auktion zur nächsten. London, Paris, New York. "Ich wusste von einem Kreis an Menschen, der sich für bestimmte Künstler interessiert. Auf den Auktionen habe ich gezielt nach Werken gesucht, die ihnen gefallen könnten", erzählt er. In der Zeit vor dem digitalen Wandel logistisch ein echter Aufwand. "Ein Deal hat gut und gerne 14 Tage gedauert", sagt er. "Wir haben dem Kunden erzählt, dass uns ein Werk angeboten wurde, das machte sich besser. Dann haben wir ein Polaroid gemacht und es per Brief verschickt."

Als er auf einer Amerika-Reise 1997 das erste Mal in Kontakt mit E-Mails kommt, ist ihm klar: Das revolutioniert nicht nur seine Branche, sondern das gesamte Berufsleben. "Früher hatte man Exklusiv-Wissen, wenn man sich die Kataloge der großen Auktionshäuser hat zuschicken lassen. Heute ist durch das Internet alles viel transparenter. Das verändert alles", sagt Friedrichs.

Als erster in Deutschland baut er eine Online-Plattform für Kunsthandel auf. "Wir wollten eine Datenbank schaffen, bei der Händler auf der ganzen Welt einfach ihre Bestände einpflegen, miteinander in Kontakt treten konnten", erzählt er. Ein Teil der Branche reagiert mit blanker Ablehnung. "Sie meinten, dass sie bereits 40 Jahre ohne Internet im Geschäft seien und es noch die nächsten 40 Jahre sein werden."

Heute macht das Internet 90 Prozent seines Marktes aus. "Wir erreichen Kunden, die wir früher nie kennengelernt hätten". Der Kunsthändler verkauft aus Kranenburg heraus in die ganze Welt. Als Friedrichs Werke des zeitgenössischen Künstlers Reiner Schwarz in seinen Katalog aufnimmt, ist das Interesse gering. "Dann meldete sich jemand aus Taiwan, der sich als größter Reiner-Schwarz-Sammler entpuppt hat. Früher undenkbar", sagt er. Ähnliche Kunden hat er in Rio de Janeiro oder Berlin, das sich zum Schwerpunkt des deutschen Kunsthandels entwickelt hat.

Das Konzept der Galerie F in Kranenburg: Relative günstige Kunst in relativ großer Stückzahl zu verkaufen. Nicht allen Kollegen und Konkurrenten gefällt das, vor allem die Traditionalisten in der Branche murren. Aber das Konzept geht auf. "Wir bedienen einen Luxus-Markt. Niemand braucht Kunst, um zu überleben", sagt er. Los geht es Internet für 20 Euro, die Preisspanne reicht bis in die Tausende. "Die Bereitschaft der Menschen, Exklusives im Internet zu kaufen, wächst."

Die Online-Welt hat den Kunstmarkt radikal verändert - nicht immer zum Guten. "Früher war ich mehr auf Reisen, hatte viel mehr mit der Kunst zu tun. Man hat sie ausgepackt, angefasst, für einen Tag an die Wand gehängt. Heute habe ich nicht einmal mehr die Übersicht, welches Werk wir von welchem Künstler auf Lager haben. Man verliert ein wenig den Spaß daran", sagt er. "Wenn man durch die Welt reist und nur wenige Deals macht, sind die natürlich umso aufregender. Wenn man nur eine Verhandlung führt und die in die Hose geht, hat man 100 Prozent Verlust. Heute haben wir zehn oder 100 Deals. Da ist das Risiko deutlich breiter gestreut."

Vor kurzem hat er sich ein neues Domizil in Kranenburg gebaut, am Kleverland hängt sein Herz. Früher wohnte Friedrichs praktisch in seinem Büro - heute ist die Villa Mentrop Sitz seiner Galerie. Ob 25 Jahre im Geschäft den Blick auf die Kunst verändert haben? Er sitzt an seinem Schreibtisch, lässt kurz den Blick über die Bilder an der Wand fahren. "Nein", sagt er. "Nicht auf die Kunst. Aber auf den Markt."

(RP)
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