Goch Wolken aus Zeichnungen und zarte Gitter

Goch · Der Künstlerinnenpreis Nordrhein-Westfalen ging an Katharina Hinsberg und Nanne Meyer. Die Ausstellung für die beiden Zeichnerinnen präsentiert das Museum Goch ab Sonntag. Kids-Opening und Auflage für Nachwuchs-Sammler.

 Nanne Meyer in der Installation mit ihren Zeichnungen.

Nanne Meyer in der Installation mit ihren Zeichnungen.

Foto: Gottfried Evers

Es ist ein filigranes, feines Netzwerk, das da Weiß auf Weiß hinter Glas liegt. Kleinste Strukturen stehen regelrecht im Raum, wenn das Streiflicht durchs Glas fällt und Schatten dem Stück Kunst Tiefe gibt. Katharina Hinsberg zeichnet mit dem Skalpell, schneidet in die weiße Fläche anstatt Linien aufs Blatt zu setzen. Auch wenn diese Schnitte wieder Linien sind. Entweder als Schatten auf dem weißen Grund hinter dem bearbeiteten Papier oder einfach als gerader Schnitt.

 Zarte Gitterstrukturen von Katharina Hinsberg.

Zarte Gitterstrukturen von Katharina Hinsberg.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Hinsberg arbeitet teilweise unter dem Vergrößerungsglas an ihren kleinen Blättern, in die sie die kleinen Löcher "zeichnet". Dabei entstehen, je nach Intensität und Quantität Fehlstellen und Verletzungen des Papiers, sagt Gochs Museumsleiter Dr. Stefan Mann. Letztlich bleibt ein Übergang von Zeichnung zur Skulptur, geht die Linie in den Raum. So wie der Schnitt auch in die Tiefe führt. Das nicht nur mit dem Skalpell, sondern auch mit der spitzen Mine des Bleistifts. Hinsberg sieht die Graphitminen als regelrechte "Krallen". Jene Krallen, die dann aus ihren Blättern, die jetzt in Rom entstanden, filigrane, zarte Objekte machen.

Katharina Hinsberg, Jahrgang 1967, und Nanne Meyer, 1953 in Hamburg geboren, haben den Künstlerinnenpreis des Landes Nordrhein-Westfalen gewonnen, der 2013 für die Zeichnung vergeben wurde. Die Ausstellung zu diesem Preis organisiert jetzt das Museum Goch, die Eröffnung ist Sonntag, 11.30 Uhr. Parallel dazu gibt es Kids-Opening.

Nanne Meyer blickt auf 35 Jahre zeichnerisches Schaffen zurück: Für jedes Jahr hat sie ein Bild, eine Bildgruppe, eine Installation aus ihrem Fundus herausgesucht. So schweben in der unsäglichen Nische des großen Ausstellungssaales viele kleine Blätter. Jedes so groß wie eine Visitenkarte werden sie als Ganzes zur raumfüllenden Installation. Meyer hat sie mit dünnen Nadeln auf die Wand gepinnt: Bilder voller Texte, Sentenzen, mit dunkelblauen Wolken. Leonardo zitierend heißt es da: "Ich habe auf den Wänden und an Mauern schon Flecken gesehen, die mich zu schönen Dingen verschiedenster Art anregten".

Es ist auch immer wieder Text mit dem Nanne Meyer arbeitet - indem sie ihn überschreibt, einzelnen Worte stehenlässt, die zum Gedicht werden können, oder sie bildet aus Worten Linien. An anderer Stelle übermalt sie Landkarten, holt die Geister, die sie rief, aus einem Plan der Schweiz heraus. Aus einem anderen Plan schneidet sie die Flächen heraus, lässt allein die Grenzen stehen. So wie die Linien des Bleistifts auf dem Papier auch Grenzen bilden. Jetzt werfen die Linien der Grenzen ein gezeichnetes Schattenwerk auf die Wand. Die Zeichnerin wagt auch die Vogelschau, den Blick aus dem Flugzeug auf die Landschaft, auf die sich ändernden Perspektive, den schwankenden Horizont des sich in die Kurve legenden Flugzeuges. Man sieht Häuser-Blöcke, einen Fluss, Wolkenfelder, aber auch rote und blaue Isobaren auf der Landschaft.

Der Weg durch 35 Jahre Zeichnung startet 1979, ihrem letzten Akademiejahr, und endet in einem Graphitgebirge aus dem Jahr 2014.

(RP)
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