Museum Schloss Moyland Anklage gegen die Diskriminierung

Bedburg-Hau-Moyland · Mit der 18. Ausgabe der Kunst.Bewegt-Ausstellungen aus der Sammlung ist die Reihe von Museum Schloss Moyland volljährig geworden. „Joseph Beuys – über Drucksachen. Bearbeitete Zeitungen“, heißt die Ausstellung.

 „White coloured“ heißt das Triptychon aus Schreibpapier und einer Zeichenschrfitenseite, Tusche, Ölfarbe. Eine Anklage gegen die Diskiminierung.

„White coloured“ heißt das Triptychon aus Schreibpapier und einer Zeichenschrfitenseite, Tusche, Ölfarbe. Eine Anklage gegen die Diskiminierung.

Foto: Matthias Grass

Das Bild scheint ein klares Statement zur aktuellen Black-Lives-Matter-Bewegung (schwarze Leben zählen) und zu den Protesten gegen Polizeigewalt und Rassendiskriminierung zu sein. Es erzählt von Farbigen, von Weißen, von der Rassentrennung, von der Diskriminierung. Es ordnet ein Kreuz den Farbigen zu, ein anderes den Weißen. Das Kreuz der Farbigen steht groß in der Mitte des Werkes, seine beide Balken sind mit einem breiten Quast auf ein weißes Blatt gesetzt. Links daneben ist auf einem anderen Blatt das Kreuz der Weißen positioniert. Dessen Balken haben gelitten, sind nur noch als angeschrägter Stumpf da.

Ein drittes Blatt rechts gibt die Erklärung: Auf einer ausgeschnittenen Seite einer Zeitschrift berichtet ein fragmentarischer Text vom Süden der Vereinigten Staaten von Amerika und dass diese Staaten so vereinigt auch nicht sind. Der Süden ist der arme Süden. Darüber ein Bild des Fotografen Elliot Erwitt, das  die Diskriminierung der farbigen Bevölkerung anklagt: Es zeigt zwei Waschbecken, ein aufwendiges für die Weißen, ein karges für die Farbigen. Die Menschen dürfen sich nicht einmal im selben Becken die Hände waschen. Die Spiegel über diesen Becken hat der Künstler schwarz eingefärbt, unter dem Becken für die Weißen steht eine Kopie des beschädigten Kreuzes, unter dem für Farbige das andere mit den dicken Balken.

 Joseph Beuys „Batterie flat-high“ 1963: Zeitungen mit  Kordel umwickelt im Objektkasten.

Joseph Beuys „Batterie flat-high“ 1963: Zeitungen mit  Kordel umwickelt im Objektkasten.

Foto: Matthias Grass

Joseph Beuys hat das wie ein Triptychon aufgebaute Kunstwerk, das thematisch so aktuell  wie frisch aus dem Atelier scheint, vor fast 60 Jahren geschaffen. „White coloured“ (Weiß farbig) besteht aus drei Seiten, zwei Schreibmaschinenseiten mit Tusche und einer Zeitschriften-Seite, die auch bemalt ist. beuys schuf das Werk 1963. Es war schon damals eine Anklage gegen die Rassentrennung. „Beuys appelliert an den Betrachter, das Thema zu reflektieren. Er gibt den Stab weiter, zeigt, wo wir aktiv werden müssen“, sagt Alexander Grönert, Kurator von Museum Schloss Moyland. Und Barbara Strieder, die kommissarische künstlerische Leiterin des Schlosses, sagt: „Indem er den Spiegel einfärbt, macht er das Gesicht des Weißen schwarz“.

„White coloured“ ist Teil der neuen Kunst.Bewegt-Einrichtung „Über Drucksachen – bearbeitete Zeitungen von Joseph Beuys“ in Schloss Moyland. Mit Zeitungen, die als Wissensspeicher gelten oder die er gefaltet und gestapelt zu Batterien macht. Mit Zeitungen, die zum Teil eines Kunstwerkes werden oder sich inhaltlich mit Beuys auseinandersetzen und von ihm signiert oder gestempelt wurden. Grönert hat dazu in vier Sälen Themenbereich eingerichtet und zeigt rund 50 Arbeiten aus Papier oder Objekte, dazu Archivmaterial.

„In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts begannen die Dadaisten und Kubisten damit, Wörter oder Sätze in ihren Gedichten zu zitieren und bedrucktes Zeitungspapier in Collagen und Skulpturen zu verwenden“, erklärt Grönert. Diese Vorbilder griff die Fluxus-Bewegung, zu der Beuys gehörte, in den 1960er Jahren auf. Bei Beuys spielte vor allem Zeitungen eine Rolle, so Grönert. Das lasse sich an den vielen Werken ablesen, die er damals mit Zeitungen schuf.

Zehn Jahre später, in den 1970er und vor allem in den 1980er Jahren nutzte Beuys, der sich stets auch selbst inszenierte, die Medien und hier vor allem auch die Zeitungen, um seine Thesen zu transportieren. Und dieses dann auch noch zur Kunst zu machen: Wie ein von ihm in der Frankfurer Rundschau abgedruckter „Aufruf zur Alternative“, der 1978 veröffentlicht wurde und von dem Beuys 1979 ein Multiple, ein Kunstwerk machte. Auch das zeigt die Ausstellung.

Mit der neuen „Kunst.Bewegt-Ausstellung“ ist die Reihe, die regelmäßig einen neuen Blick auf die umfangreiche Beuys-Sammlung von Museum Schloss Moyland wirft, volljährig geworden. Grönert ist stolz darauf, dass das Thema Beuys und die Zeitungen bis jetzt kaum behandelt wurde. Der Kurator hat dazu viele passende Beispiele herausgesucht, von den mit Kordel umwickelten Zeitungespaketen hinter Glas im Holzkasten, bis zum Blatt, das wohl als Unterlage zum Schutz des Bodens diente und dann, mit Braunkreuz-Farbe bekleckert, zum Objekt wurde. Mitsamt dem Stock, der benutzt wurde, die Farbe umzurühren.

Zum Ende der Ausstellung kann der Besucher wie Beuys posieren: Es gibt für alle Freunde der „Sozialen Medien“ ein Banner mit Beuys und Fans und Zeitung fürs Selfie...

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