Neue Ausstellung im Kurhaus Steinbach im Kurhaus: Jeder einzelne Tag

Kleve · Der in Israel geborene Amerikaner Haim Steinbach verwandelt das Klever Museum Kurhaus mit seinen Räume trennenden, Wege verstellenden Installationen und mit Kunstwerken, die auch politisch Stellung beziehen.

Die Wandmalerei „No Elephants“ darf man politisch verstehen, sagt Steinbach.

Die Wandmalerei „No Elephants“ darf man politisch verstehen, sagt Steinbach.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Der Weg ist zu. Ein tiefschwarzes Rechteck verstellt den gewohnten Gang zu Wandelhalle, Pinakothek und Säulengalerie. Das schwarze Rechteck wird getragen von einem silbern schimmernden Ständerwerk, das selbst ein Vorbeimogeln an diesem Bild verhindert. Die Konstruktion, die ähnlich auch andere Räume verwandelt, ist nicht mal abschreckend. Im Gegenteil: Sie bringt mit dem kurz gestaffelten Ständerwerk Rhythmus in den Raum, lässt Durchblicke frei oder versperrt sie, verändert die Sichtachsen und gewohnten Wege im Kurhaus.

Die monochromen Bilder-Platten erzählen über ihre Titel Geschichten vom Kino, von David Lynchs „Blue Velvet“ (so der Titel des blauen Rechteckes) bis zu den berühmt-berüchtigten „Arabian Nights“ (so der Titel des schwarzen Bildes) des Italieners Pier Paolo Pasolini. Die Bilder sind sauber monochrom auf eine grundierte Rigipsplatte gemalt, das Ständerwerk ist klassischer, industriell-handwerklicher Trockenbau.

Der israelisch-amerikanische Künstler Haim Steinbach macht diese sonst im Verborgenen stehenden Konstruktionen für leichte Zwischenwände damit zu Hauptakteuren seiner Installation. „Haim Steinbach rückt mithilfe dieser Einbauten das Museum selbst als Ausstellungsobjekt ins Zentrum“, sagt Susanne Figner. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Museums hat die Steinbach-Ausstellung kuratiert. Zwei Jahre lang dauerten die Vorbereitungen, Steinbach hat schließlich, als er in Amsterdam war, einen Abstecher nach Kleve gemacht und sich vom Museum überzeugen lassen: Das Kurhaus sei ein Haus, wie er es gerne mit seiner Kunst verwandeln wolle, erinnert sich Museumsdirektor Harald Kunde an die Reaktion des Künstlers. Und der 1944 in Israel geborene Steinbach verwandelte das Haus. Grundlegend. „Every single day“ (Jeder einzelne Tag) titelt die Ausstellung, die Gewohnheiten, die man jeden einzelnen Tag macht, aufbrechen will. Indem sie beispielsweise gewohnte Wege verstellt, indem sie gewohnte Alltagsgegenstände überhöht, weil sie auf einen Sockel kommen.

Spannend sind Steinbachs Schriftarbeiten: Er sammelt Sentenzen, Satzstücke, einzelne Worte, schneidet sie aus Zeitungen und Magazinen aus und bläst sie mit übermannsgroßen Buchstaben auf. Genau in der Schriftart der gefundenen Vorlage. So steht in dicken Buchstaben „No Elephants“ auf einer Wand. Vielleicht erzählte die Geschichte ursprüngliche vom Aussterben der uralten Tiere. Haim Steinbach weiß es nicht mehr. Aber man dürfe, sagt er mit einem ganz leichten Grinsen im Gesicht, diese Satzsequenz durchaus politisch sehen. „No Elephants“: Es sind die Elefanten, Sinnbild für die Republikaner, die Trump zu ihrem Präsidenten erkoren haben. Und diese „Elephants“ wollen wir nicht – so die Botschaft.

Politisch kann man auch die kleine Zeltstadt deuten, die im Doppelsaal aufgeschlagen wurde und dort wie ein Basislager auf dem Weg zur hohen Kunst steht. Solche Unterkünfte sind auch als Occupy-Zelte vor den Banken in der Wallstreet in New York oder vor der EZB in Frankfurt als Protestlager aufgeschlagen. Es ist eine Installation, in die man als Besucher eintauchen, die Kunst hautnah erleben kann: Die Zelte stehen auf einem niedrigen mit Platten bedeckten Gerüst, ein gewundener Weg führt unten durch, Einschnitte geben den Blick nach oben ins Zelt frei. Von oben wiederum bleibt man distanziert und schaut auf die Zelte hinunter. Andererseits ist eine scheinbar politische Aussage literarisch: Starbucks Roast bezieht nicht auf die Kaffee-Kette, sondern auf Melvilles „Moby Dick“.

Es ist spannend im Kurhaus.

Die Eröffnung ist am ungewohnten Samstag, 22. September, 19.30 Uhr im Kurhaus.

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