Digitalisierung der Sammlung: Kurhaus setzt seine Kunst ins Netz

Kleve · Das Museum wird digital. Land und LVR fördern das Vorhaben, das auch von anderen Museen genutzt werden kann.

 Ludwig XIV. vor Schenkenschanz: Ein Blatt von 1672 aus der Sammlung Angerhausen, das künftig online geht.

Ludwig XIV. vor Schenkenschanz: Ein Blatt von 1672 aus der Sammlung Angerhausen, das künftig online geht.

Foto: Repro Matthias Grass

Susanne Seidl scannt. Ein Bild nach dem anderen. Bilder, die in schmalen Schubladen liegen und zur grafischen Sammlung des Museums gehören, holt die Mitarbeiterin des Museum sorgfältig ans Tageslicht. Denn es sind Blätter, die oft mehrere hundert Jahre alt sind. Sie alle werden digitalisiert. Sie und die modernen Werke. Für die Skulpturen und Einrichtungen kommt die ehemalige Fotografin des Kurhauses, Anne Gossens, wieder ins Museum und fotografiert die Kunstwerke, von denen es noch keine Bilder gibt. Mit an Bord auch für die Texte Alexandra Eerenstein und Gerd Borkelmann. Denn das Museum Kurhaus geht digital: Alle Werke aus der Sammlung werden derzeit erfasst, fotografiert, gescannt und beschrieben, damit Ende des Jahres alle Werke des Museums ins Netz kommen, dort angeschaut und gegebenenfalls heruntergeladen werden können. Damit jedermann auf die Kunst des Kurhauses zugreifen kann.

„Wir haben mittelfristig das Ziel, die ganze Sammlung Online zu stellen. Als Bild mit der Beschreibung der Werke, mit der Herkunft, wer uns als große Stiftung beim Erwerb des Werkes unterstützt hat und welche Dauerleihgaben von wem sind“, sagt Valentina Vlasic, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Museum Kurhauses Kleve und federführend mit dem Projekt befasst. „ Es ist eines der beiden digitalen Babys, die wir 2020/21 nach vorne bringen werden: Auf der einen Seite die neue Web-Seite des Kurhauses, auf der anderen die Digitalisierung der Sammlung mit einem Zugriff auf alles, was wir bieten“, sagt Kleves Museumsdirektor Prof. Harald Kunde. Die Web-Seite soll möglichst schon im Herbst fertig sein, die digitale Sammlung folgt dann wenig später. Natürlich wird der, der auf der Web-Seite ist, auch auf die digitale Seite verwiesen und findet einen passenden Link.

Das Projekt ist angesichts der Menge der Kunst eine Mammutaufgabe: Über 30.000 Kunstwerke verzeichnet die Klever Sammlung, 15.000 sind digitalisiert:  Von den großen Werken wie die Balkenhol-Männer oder die vier Beuys-Türen zum Jubiläum des Kölner Doms oder nicht zuletzt Michael Sailstorfers „Mückenhaus“ draußen vor der Tür, bis hin zu den wunderbaren Blättern aus der Sammlung Angerhausen oder denen aus der Sammlung Wörner, die Zeichnungen und Stiche des Niederrheins von de Beijer. Die großen Namen, die für die Haus stehen wie Mataré und sein Schüler Beuys, der Bildhauer Balkenhol oder die berühmten Künstler der Düsseldorfer Fotografen-Schule wie Gursky, Ruff oder Struth. Aber ebenso die anonymen Künstler, die die Orte und Städte der Region porträtierten.

Es ist ein vorbildliches Unterfangen, das jetzt mit Unterstützung des Landschaftsverbandes Rheinland und des Landes Nordrhein-Westfalen, die das Vorhaben mit einer sechsstelligen Summe fördern, an den Start gehen kann. 20 Prozent trägt die Stadt Kleve. „Wir wollen später unser Wissen um die Digitalisierung mit allen Museen des Niederrheins teilen, so dass die Förderung letztlich allen zugute kommt“, sagt Kunde. Die Software ist so aufgebaut sei, dass andere Museen am Niederrhein für deutlich kleines Geld auf dieses Programm zurückgreifen und dort ihre eigene Sammlung erfassen können, die Software mit den unterschiedlichen Programmen der Museen kompatibel ist, erklärt Vlasic. So könnte nach und nach ein digitales Museum der Kunstschätze des Niederrheins mit allen hier vereinten Kostbarkeiten entstehen. Jeder könnte dann, schaut Vlasic weit in die Zukunft, über eine Niederrheinkarte fahren, auf der dann die einzelnen Museen und ihre Werk „aufploppen“. Auch wenn das zunächst einmal Zukunftsmusik ist, war dieses einer-alle-alle-für-einen-Prinzip der drei Musketiere auschlaggebend, dass Land und LVR das Projekt Digitalisierung des Museums Kurhaus gerne unterstützten. Eine App soll es nicht geben.

Weil man im Kurhaus großen Wert auf professionelle, einheitliche Gestaltung legt, wird das Design für die Seite von Kurhaus-Typograph Ingo Offermanns, Hamburg, übernommen, der auch für die meisten Kataloge des Museums verantwortlich zeichnet. Der Zugang zur digitalen Sammlung soll möglichst einfach sein – Vlasic zeigt als Beispiel die Digitalisierung des Städel-Museums: Es gibt eine zentrale Suchfrage, mit der man nach Motiven, Künstlern oder Kunstarten suchen kann. Dann öffnen sich schon die Bilder. Wichtig ist, unterstreicht Harald Kunde, dass die Höhepunkte der Sammlung vorab stehen, dass man aber auch auf Blätter einen Zugriff hat, die selten gezeigt werden - weil sie beispielsweise zu empfindlich sind.

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