Kleve Beuth-Debatte: Neues Gutachten differenziert deutlich

Kleve · Nach dem Gutachten von Achim Bühl, Dozent an der Berliner Beuth-Hochschule, liegt jetzt ein zweites, vom Präsidium dieser Hochschule in Auftrag gegebenes Gutachten zu antisemitischen Äußerungen Beuths vor.

Nach dem Gutachten von Prof. Achim Bühl, Dozent an der Berliner Beuth-Hochschule, liegt jetzt ein zweites, vom Präsidium dieser Hochschule in Auftrag gegebenes Gutachten zu antisemitischen Äußerungen Beuths vor. Während Bühl dem 1781 in Kleve geborenen Reformer  eine absolut beispiellose „Schärfe des Antisemitismus von Christian Peter Beuth“, vorwirft, sieht das Gutachten von Jörg Rudolph und Christian Schölzel die Bewertung von Beuths Antisemitismus differenzierter. „Seine Einstellungen finden maßgeblichen Eingang in die zentralen Diskussionsprozesse der Judengesetze des Preußischen Staates zwischen 1812 und 1847. Beuth, ob dieses Befundes jedoch in eine zwangsläufig „nach Auschwitz“ führende historische Zwangsläufigkeit stellen zu wollen, würde eine allzu unhistorische Verkürzung historischer Entwicklungsläufe der deutschen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts ex post bedeuten“, beurteilen die Wissenschaftler.

Damit ist in Berlin die Diskussion und die Einordnung des Handelns Beuths in vollen Gange. Es sei genau jene Diskussion, die er im Rat so vehement eingefordert habe, sagt Michael Bay (Grüne). Hintergrund: Bürgermeisterin Sonja Northing hatte in einer Hauruck-Aktion ohne Diskussion im Rat die Beuth-Gedenkplakette an der Hagschen Straße entfernen lassen. Das neue Gutachten sieht auch solche Aktionen differenzierter - vor dem Hintergrund allerdings, dass die Hochschule in Berlin diskutiert, ob sie den Namen „Beuth“ weiter tragen soll. Rudolph und Schölzel formulieren das so: „Seit 1909 ist Beuth namensgebend für Vorläufer der heutigen Hochschule. Seit 2009 trägt die Beuth Hochschule ihren Namen. Beuth-Schulen, Beuth-Hochschule, Beuth-Verlag…, es scheint ratsam, gleichsam die Marke „Beuth“ als Sinnbild einer vernetzten modernen Wissensgesellschaft zu bewahren, aber zugleich die zivilgesellschaftliche Einbettung aus heutiger Sicht derart zu erweitern, dass die namensgebende Persönlichkeit Beuth nicht nur in ihren zeitgenössischen Leistungen, sondern auch ihren seinerzeitigen Blickverengungen betrachtet werden kann. Beuth hat beides verdient.“

Einen ähnlichen Ansatz vertrat Kleves Museumsdirektor Prof. Kunde kürzlich auch im Umgang mit Prinz Johan Moritz von Nassau-Siegen und dessen jetzt in den Niederlanden diskutierten Vergangenheit als Sklavenhändler: Man solle nicht die Büste des Statthalters entfernen, sondern sich dem Bild stellen und vor allem auch dessen dunkle Seiten thematisieren.

Bay argumentierte im Rat in Sachen Beuth ähnlich: „Wenn man einer solchen Diskussion das Bild nicht mehr will, erst dann muss man es entfernen“. Die Diskussion soll auch in Kleve geführt werden: Sie ist für die nächste Sitzung des Kulturausschusses geplant.

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