MGV-Materborn singt wieder Chor verwandelt sich und lebt weiter

Kleve · Der Materborner Männergesangverein MGV ist ab sofort ein gemischter Chor und lebt wieder auf. Die Freude am Singen, die spürt man sofort, lauscht man einer Probe im Materborner Ratskrug.

Chorleiterin Marina Kirchhofer und der neue MGV – der jetzt ein gemischter Chor ist. 
  RP-Foto: Markus van Offern

Chorleiterin Marina Kirchhofer und der neue MGV – der jetzt ein gemischter Chor ist. RP-Foto: Markus van Offern

Foto: Markus van Offern (mvo)

Das reine „Männersingen“ hat ein Ende, weiter geht es nun „gemischt“. Beim Männergesangverein ‚Eintracht‘ 1919 Materborn (MGV) singen ab sofort auch Frauen mit, und genau diese Verwandlung hat das Fortbestehen dieses Traditionsvereins gesichert. Nachwuchssorgen, die schon länger viele Chöre plagen, haben auch den MGV bereits mehrere Jahre bewegt. „Wir haben alles versucht, sind sogar von Haus zu Haus gegangen, haben ‚Klinken geputzt‘, gefragt, ob nicht jemand bei uns mitsingen möchte“, erzählt Franz Viell, der Vereinsvorsitzende. Man habe sogar Gutscheine für Restaurant-Besuche vergeben, nur um neue Stimmen zu bekommen. Der totale Einbruch kam dann mit der Corona-Pandemie. „Singen war plötzlich verboten, das musste man erst einmal verstehen“, sagt die Chorleiterin Marina Kichhofer, die genau im März 2020 ihren Dirigentenvertrag beim MGV unterschrieb und dann sofort zu Untätigkeit gezwungen war. Franz Viell kam schließlich auf eine Idee: „Klever singen für Klever“. Er berichtet: „Das ist ein Mitmachkonzert, das es schon in vielen deutschen Städten gibt, ein Aufruf zum Mitsingen mit dem Ziel einer gemeinsamen öffentlichen Aufführung. Ich habe über 60 Vereine angeschrieben, die aber nicht geantwortet haben. Schließlich kamen 25 Interessierte, die einfach mal mitsingen wollten.“

Die Proben für das Konzert im Innenhof der Schwanenburg begannen im Juni 2022, die Aufführung war am 28. August. Auf dem Programm standen bekannte Stücke wie zum Beispiel „Conquest of Paradise“ und weitere beliebte Melodien der Popmusik. Das Konzert war besonders für die neuen Sängerinnen und Sänger ein Erlebnis. „Es gab soviel positive Reaktionen und Zuspruch, das war einfach wunderschön“, erzählt Marion Michajlezko, die mit drei weiteren Freundinnen nun festes Chormitglied geworden ist. „Ob ich das wohl schaffe?“, das hätten sie sich schon gefragt am Anfang, denn es sei auch anspruchsvoll, zum Beispiel zweistimmig zu singen. „Und wir haben es geschafft“, so Michajlezko begeistert.

Die Freude am Singen, die spürt man sofort, lauscht man einer Probe im Materborner Ratskrug, wo der MGV sein zu Hause hat. „The lion sleeps tonight“, „Blowin in the Wind“ oder „Imagine“ erklingen nun. Wer hier zuhört kann sich kaum zurückhalten und möchte einfach mitsingen. Wie jeder Musiker, müssen aber auch Sänger fleißig und präzise üben. Chorleiterin Marina Kirchhofer beginnt die Probe routinemäßig mit klassischen Einsingübungen.

Auf „ü“ wird ein gemeinsamer Ton gefunden, oder eine bestimmte Tonfolge wird wiederholt. Eine neue Melodie wird erstmal auf „Lu“ einstudiert. Die Dirigentin begleitet am Klavier, lässt die Sänger und Sängerinnen ihre Stimmlage finden und formt einen neuen Chor. „Der MGV ist ein etablierter Männerchor, der ein sehr anspruchsvolles, klassisches Repertoire hatte“, sagt sie. Aber die typische Chorproblematik, dass ohne Nachwuchs irgendwann Vierstimmigkeit mit erstem und zweitem Tenor sowie zwei Bass-Stimmlagen nicht mehr möglich ist, sei dann meistens das Aus für den reinen Männerchor. Die verbliebenen Männer seien erfahren in der Mehrstimmigkeit und eine „Bank“ für die weitere Arbeit.

Mehr Tenorstimmen werden aber nach wie vor benötigt. Kirchhofer schreibt nun weitere Popsongs um, Zweistimmigkeit strebt sie an. „Für uns Männer ist das schon eine Umstellung, jetzt gemischt zu singen“, gibt Franz Viell zu. Gemeinsames Singen mit Freude verbinde aber, und sie seien sehr froh, dass es weiter geht und der Verein weiter bestehen kann. „Die Männer haben sich an uns angepasst und wir an sie“, sagt Marion Michajlezko mit einem Lächeln. Und die Dirigentin sagt vor der Pause in der Probe noch den Satz, der auf jeden Fall motiviert: „Langsam wird Musik daraus.“

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