Konzerte in Kleve Die Klassik ist zurück in Kleve

KLeve · Das erste Konzert nach den Corona-Beschränkungen begeisterte in der Stadthalle. Klangfreudig und zupackend, aber auch delikat und mit der nötigen Variabilität kamen Asya Fateyeva und das dogma chamber orchestra zusammen.

 Endlich wieder ein klassisches Konzert in der Stadthalle: Das dogma chamber orchestra gastierte mit Saxofonistin Asya Fateyeva.

Endlich wieder ein klassisches Konzert in der Stadthalle: Das dogma chamber orchestra gastierte mit Saxofonistin Asya Fateyeva.

Foto: Konzerte Stadt Kleve/Arne Mayntz

„Eine echte Bühne, ein echtes Publikum!“ – so freudig begrüßte Mikhail Gurewitsch, Leiter des dogma chamber orchestra, beim Nachhol-Konzert in der Stadthalle Kleve zum Programm „full of sensuality“. Wahrlich ein Freudenmoment für beide Seiten: Einige Monate sind seit dem letzten Konzert vergangen, Bühnen waren verwaist, die „musikalischen Akkus“ leer; man hat sich schlichtweg „vermisst“, wie Gurewitsch betonte.

So begann das Programm zur Freude der gut 100 anwesenden Zuhörer, die zur Gruppe der „Drei Gs“ gehörten, mit Antonio Vivaldis Concerto grosso d-Moll op. 3/11 RV 565 aus „L’Estro Armonico“. In ihrem Musizieren zeigten die Akteure einen kraftvollen, dabei feinen Ansatz: Unprätentiös wurden Tuttis kräftig akzentuiert und Soli ausgekostet, die Phrasierung geschmeidig und gefühlvoll gespielt, die Dynamik hatte die nötige Differenzierung, ohne aus dem Rahmen zu fallen. Schlichtweg: berührend – ein Hörgenuss, Balsam für die wunde Kulturherzen.

Für Alessandro Marcellos Konzert d-Moll für Oboe und Streichorchester in einer Version für Saxophon kam die Solistin des Abends, Saxophonistin Asya Fateyeva, auf die Bühne. An sich ist dieses Konzert schon ein „Hit“: Wenn es so virtuos in den Ecksätzen und klangschön im Adagio gespielt wird wie hier, dann nimmt einen dieses Prachtstück Musik vollends gefangen. Klangfreudig und zupackend, aber auch delikat und mit der nötigen Variabilität kamen Fateyeva und das dogma chamber orchestra zusammen, die Sekundreibung in den mysteriös lapidaren Einleitungsakkorden des Adagio verursachten Gänsehaut. Gerade einmal 12jährig schrieb Felix Mendelssohn Bartholdy die Sinfonia Nr. 2 D-Dur, deren drei Sätze viel Weltläufig- und Großzügigkeit atmeten. Man vermeinte zu hören, dass sich im Elternhause Mendelssohn die edelsten und einflussreichsten Personen der damaligen Gesellschaft ein Stelldichein gaben. Mozarts Divertimenti wird der Komponist auf jeden Fall gekannt haben: sein Stil lehnte sich unüberhörbar daran an. Das Andante ist ideell von Bachs Oratoriengedankengut nicht weit entfernt; das dogma chamber orchestra ließ spüren, wie der junge Mendelssohn phänomenale polyphone Einfälle hatte und experimentierte.

Das abschließende Allegro Vivace bestach durch seinen noblen, royalen Charakter. Gemeinsam mit Fateyeva erklang dann Domenico Cimarosas Konzert c-Moll, wiederum in einer Version für Saxophon.

Alle Arrangements kamen dabei im besten, kunstvollen Sinne und nie als bloße Umbesetzungen zu Gehör; spielfreudig und versiert gingen die Musiker zusammen zu Werke, flüssig und obendrein mit funkelnden Verzierungen. Aufmerksamkeit und lustvolles Hören wurden hier nicht eingenommen, weil nur Wichtiges zur Sprache kam, sondern weil hier alles extrem gut gesagt wurde.

Mit verdientem Dank an Sigrun Hintzen und auch an das Publikum für das Durchhaltevermögen entließen die Streicher mit vier „bunten“ Miniaturen aus der kompositorischen Feder Gurewitschs selbst: „Mir klassischer Musik hat das ziemlich gar nichts zu tun“, kündigte er an, dafür umso mehr mit Tango und Folk Music, Kurzweil und Freude. Großer Applaus – und endlich wieder Live-Musik.

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