Konzert Vocal-Ensemble Klang der Stimmen über sechs Jahrhunderte

Kleve · Grandioses Konzert des Vocalensembles in der Willbrord-Kirche mit stehenden Ovationen.

 Thomas Tesche leitete das Vocal-Ensemble in der Willibrod-Kirche und spielte Orgel.

Thomas Tesche leitete das Vocal-Ensemble in der Willibrod-Kirche und spielte Orgel.

Foto: Musica sacra

Einen großen Bogen von der Zeit der Renaissance bis in die Gegenwart spannte das Konzert des Vocalensembles der evangelischen Kirchengemeinde unter der Leitung von Thomas Tesche. Die Aufführung in der St. Willibrordkirche in Kellen bereitete den Besuchern eine Stunde intensiven Hörens und Erlebens. „Voce mea (lateinisch: „mit meiner Stimme“) Musikalische Gebete des 16. bis 21. Jahrhunderts“ bot sehr unterschiedliche Vertonungen des „Vater unser“ und verschiedener Psalmen. Bereits mit dem Intro „Vater unser im Himmelreich“, bekannt aus dem evangelischen Gesangbuch, brachten die etwas über 30 Sänger die besondere Akustik von St. Willibrord zur Geltung. Es folgte eine Komposition vom Bach-Schüler Gottfried August Homilius (1714 – 1785). Die schönen Harmonien des vierstimmigen Werkes hallten sanft nach im hohen Kirchenraum und schufen eine besonders feierliche Stimmung.

Die Vater-unser-Vertonung von Wolfgang Stockmeier aus dem Jahre 1970 sorgte dann für ein faszinierendes Klangerlebnis ganz anderer Art. Der Text des berühmtesten Gebets der Christen wurde hier gesprochen, geschrieen und gesungen. Während einige Sänger sprachen, summten andere Hintergrund-Akkorde, die ebenso von einer Orgel hätten stammen können. Hervorgehoben war die Textstelle „Unser tägliches Brot gib uns heute“. Der Komponist sah in dieser Bitte im übertragenen Sinn den „Ausdruck christlicher Hoffnung“ schlechthin. So formte er diese „Bitte aller Bitten“ eindringlich und berührend. Die Zuhörer im vollbesetzten Kirchenraum hörten spürbar konzentriert und ergriffen zu. Das Orgelwerk „Postlude pour l’Officede Complies“ von Jehan Alain mit Tesche an der Orgel ertastete mit sehr tiefen Tönen die Raumakustik. Melodie-Teile erklangen auf verschiedenen Ebenen, trafen einander. Das folgende „Alleluias“ für Trompete und Orgel, eine Komposition von Marius Constant (1925 – 2004), begeisterte mit einem „Dialog“ dieser beiden Instrumente. Hendrik Timmer an der Trompete begann allein, formte Töne, dann Melodien, die an gregorianische Gesänge erinnerten. Die Orgel sang ihre Antwort mit hohen flirrenden Akkorden, ließ mit Mini-Clustern Sternschnuppen vorbeihuschen. Mit einem großen Fortissimo füllten beide Instrumente den Raum ganz und gar. Zwei sehr unterschiedliche Vertonungen des Psalms „Voce mea ad Dominum clamavi“ (Ich schreie zum Herrn mit meiner Stimme) waren ein Höhepunkt der Vokal-Darbietungen des Konzerts. Zum einen erklang die Komposition von Costanzo Porta aus dem 16. Jahrhundert schwebend und sakral. Zum anderen fächerte die zeitgenössische Darstellung von Thomas Hanelt den Text 16stimmig auf. Sprechen, Flüstern, Rufen, Singen – eine Vielzahl von Klangelementen kam zum Einsatz. Der Nachhall im Raum wurde genutzt, wirkte mal wie verklingende Glocken, mal wie die gemurmelten Gebete unzähliger Menschen. Abschließend waren noch ein französisches und ein lateinisches „Vater unser“ zu hören. Noch einmal traf 20. auf 16. Jahrhundert.

Langer, stehender Applaus.

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