Klever Klaviersommer im Forstgarten Publikum feiert Pianist von Eckardstein

Kleve · 700 Zuhörer von nah und fern im Forstgarten. Stühle, Bänke und die Grünflächen waren voll besetzt.

 Ein Höhepunkt der Reihe: Severin von Eckardstein.

Ein Höhepunkt der Reihe: Severin von Eckardstein.

Foto: KKS/Künstler

Das dritte Konzert des Klevischen Klaviersommers kann als ein besonderer Höhepunkt der Reihe betrachtet werden: Severin von Eckardstein kam bereits zum zweiten Mal zur Bühne im Forstgarten und zog über 700 Zuhörer von nah und fern an; Stühle, Bänke, Grünflächen waren voll besetzt.

Der Pianist gilt als Weltklasse-Künstler, stellte sein Können bravourös unter Beweis und näherte sich seinem Programm mit großer Präsenz von der ersten Sekunde an. Zu Beginn musizierte er Brahms: Der kräftigeren, aus agogischen Verzögerungen erwachsenden Ausarbeitung des Brahms-Intermezzos op. 118 Nr. 1 stellte er mit dem Intermezzo op. 118 Nr. 2 einen schwärmerischen Kontrast gegenüber, gestaltete es farbenreich und nuanciert, dabei rasch, so dass die betörende Melodie als Ganzes erfahrbar wurde.

Der Sonate I.X.1905 von Janáček begegnete von Eckardstein auf ganz direktem Wege: Er unterstrich die charakteristischen Eigenschaften der Musik und erwies gerade in den kurzen, fast aphoristischen Passagen sein tiefes Verständnis für den tschechischen Komponisten. In dieser berühmten Sonate, die auf den Tod eines Mannes 1905 während ethnischer Unruhen zwischen Tschechen und Deutschen in Brno zurückgeht, ließ der Pianist sich auf die aufgeladene Emotionalität der Schilderung ein, ohne zu larmoyant zu werden oder den Bogen zu überspannen.

Dem nach Moll umkippenden Schluss der folgenden großen Brahmschen Es-Dur-Rhapsodie op. 119 Nr. 4 verlieh von Eckardstein in seiner von rhythmischer Spannkraft geprägten Interpretation Größe. Der Klang füllte den Forstgarten voll aus, untermalt von Naturgeräuschen ließ die Spannung die Luft vibrieren.

 War bei den folgenden Auszügen aus Tschaikowskys Klavierstücken op. 72 bei „Un poco di Chopin“ die Anlehnung bereits im Titel offensichtlich, so begann „Chant élégiaque“ beinahe exakt wie der berühmte Liebestraum Nr. 3 von Liszt. In der abschließenden „Scene dansante (Invitation au trépak)“, die gegen Ende ins Virtuose ausbricht, schien sich Tschaikowsky sogar ein bisschen selbst über seinen eigenen Personalstil lustig zu machen – hier klangen die Akkorde wie ein ironischer Rückblick auf sein b-Moll Klavierkonzert.

Natürlich gab es hier auch die für ihn typische Melancholie, die von Eckardstein voll auskostete und so Gefühl und Virtuosität gleichermaßen transportierte. Mit Prokofievs Sonate Nr. 7 schloss das Konzert ab. Die tief expressionistische Seite des Werkes zeigte der Pianist mit sensibler und differenzierter Anschlagskultur. Den durchsichtigen und kunstvollen Klaviersatz spielte er spannungsgeladen; im eindrucksvollen Finalsatz hielt er die motorischen Exzesse durch und verfügte über reichlich Kraftreserven, um die Spannung zu halten. In diesem wohl bekanntesten Finalsatz (1942 vollendet in der wohl schwersten Kriegszeit Russlands) erfüllte die Wiedergabe gerade wegen der sowohl kraftvollen wie feinsinnig sensiblen Spielweise alle Erwartungen.

Stehende Ovationen belohnten die hochkarätige Darbietung – die sich hoffentlich in zwei Jahren nochmal mit einem weiteren Programm in Kleve wiederholen lässt.

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