Klaviersommer: Musikkritik Virtuose Klänge von Mikulska

Kleve · Mehr als 600 Zuhörer kamen in den Forstgarten, um die deutsch-polnische Interpretin Aleksandra Mikulska am Flügel zu erleben.

 Die polnische Pianistin Aleksandra Mikulska.

Die polnische Pianistin Aleksandra Mikulska.

Foto: Veranstalter

Der Klevische Klaviersommer erweist sich jedes Jahr als wahrer Publikumsmagnet. Vielleicht ist es die schöne Atmosphäre im Forstgarten, in dem es grünt und blüht und wo man inmitten dieses Natur-Gefühls die Musik open-air erlebt – oder liegt es daran, dass jedes Jahr großartige Pianisten zu erwarten sind? Zum Eröffnungskonzert kamen jedenfalls mehr als 600 Zuhörer, um die deutsch-polnische Interpretin Aleksandra Mikulska am Flügel zu erleben. In deren Programm gab es vor allem Musik von Frédéric Chopin, der so gut in das Ambiente passt – und auch zu Mikulska, die derzeit Präsidentin der Chopin-Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland ist.

Bei sehr viel Klarheit in ihrem Spiel gelang der Ausnahmepianistin durchweg eine hoch virtuose und bewegende Darbietung. Zur Einstimmung begann Mikulska mit der Chopin-Ballade f-Moll op. 52, in der sie große Bögen spannte und die Melodieabschnitte darin eingliederte; selbst im tosenden Schlussteil wurde ihr Anschlag nicht übertrieben hart, sondern gerade ab dann voll im Klangvolumen. Das berühmte zweite Scherzo b-Moll op. 31 erklang mit ebenso großer Energie und Expressivität. Mikulskas Zugriff auf Chopins emotionsbetonte Klaviermusik war detailreich, voller Klangfarben, die sie kantabel gestaltete. In Franz Liszts folgender Ungarischer Rhapsodie Nr. 12, die auf fünf volkstümliche Themen zurückgreift, bot die Pianistin ein einzigartiges Gemisch aus Melancholie, glitzernder Tastenakrobatik und stürmisch-mitreißendem Tanz.

Als Höhepunkt nach der Pause stand sicherlich die Chopin-Sonate h-Moll op. 58. Aleksandra Mikulska setzte ihre Technik so virtuos ein, dass sie transparent mit den unterschiedlichen Stimmungen und Dynamiken spielte. Im ersten Satz der Sonate arbeitete sie die Brüche des Hauptthemas heraus, während sie das Nebenthema wunderbar kantabel und belebt darbot. Bereits der Kopfsatz ließ ihre akkurate Phrasenformung, den Farbreichtum ihrer Klangpalette und die technische Makellosigkeit ihres Spiels erkennen. Rubati setzte Mikulska sorgfältig dosiert ein, ohne ins Kitschige zu geraten. Den Arpeggien-Kaskaden des Scherzos verlieh sie einen glitzernden Perleffekt, im Mittelteil wie im folgenden Largo bewies sie, dass sie auch das lyrisch-poetische Vokabular in Chopins Tonsprache anstandslos beherrscht.

 Die polnische Pianistin Aleksandra Mikulska.

Die polnische Pianistin Aleksandra Mikulska.

Foto: Opus 512

Das fulminante Finale ging ihr absolut beeindruckend von der Hand. Das kraftvolle Spiel der ausdrucksstarken Pianistin riss zu Standing Ovations hin. Und wie sie selbst nach den Konzert bestätigte: Die Open-Air-Atmosphäre des Klaviersommers hat etwas ganz Besonderes – das Spiel inmitten von wechselndem Licht, Wind, vorbefliegenden Hummeln (die das Blumenkleid der Pianistin wohl anziehend fanden) und das ganz andere Hineindenken in die Akustik und wie diese beim Publikum ankommen mag, verlangt den Ausführenden volle Konzentration ab – und bereichert im Gegenzug um Erfahrungen, die, so Aleksandra Mikulska, jeder Pianist einmal erleben sollte.

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