Theater in Kleve Das falsche „Doris-Day-Paradies“ der 1950er-Jahre

Kleve · 50er-Jahre-Show mit Witz und Tiefgang: Die Komödie am Kurfürstendamm aus Berlin gastierte in Kleve in der Stadthalle mit „Zuhause bin ich Darling“.

 Zuhause bin ich Darling mit Beatrice Richter (links).

Zuhause bin ich Darling mit Beatrice Richter (links).

Foto: Michael Petersohn

Drehende Röcke in bunten Farben, rasante Rock’n Roll-Einlagen, viel Witz aber auch kritische Töne bot das Theaterstück „Zuhause bin ich Darling“ in der Klever Stadthalle. Die Komödie am Kurfürstendamm aus Berlin führte das Stück von Laura Wade in der deutschen Übersetzung von Michael Raab auf. Die nostalgische Begeisterung für die 50er Jahre bringt das Ehepaar Judy und Johnny dazu, ihren ganzen Haushalt und ihr Leben auf diese Zeit abzustimmen.

So war das Bühnenbild bis ins kleinste Detail eine Nachbildung dieser Zeit: vom Kühlschrank bis zur Stehlampe neben dem Sofa war alles Erinnerung, für viele Zuschauer in der gut besetzten Stadthalle auch mit Wiedererkennungswert. Judy, gespielt von Judith Richter, hat ihre berufliche Karriere geschmissen, um ganz so wie die Hausfrau der 50er Jahre den Haushalt zu führen. Für ihren Mann Johnny, dargestellt von Frederic Böhle, will sie die perfekte Ehefrau sein, und der genießt es anscheinend, wenngleich er beruflich auch in der Gegenwart lebt und zwischen Nostalgie und echtem Leben stetig wechseln muss.

Der Konflikt ist vorprogrammiert, die Brücke zur Realität wird geschlagen mit Judys Mutter Sylvia, verkörpert durch Beatrice Richter, die auch im richtigen Leben Mutter von Judith Richter ist.  Sie ließ ihre Tochter in einer Kommune aufwachsen und kritisiert das „Doris-Day-Paradies“ von Tochter und Schwiegersohn. „Ihr habt die 50er Jahre ja gar nicht erlebt“, sagt sie. Diese nämlich seien „grauenvoll“ gewesen, langweilig und grau. Die Frau sei unterdrückt und unselbständig gewesen, habe dem Mann gedient: „Was der Alte auch veranstaltet, du drückst beide Augen zu“, entlarvt sie eine Zeit, aus der Frauen sich mühsam befreien mussten.

Judy und Johnny geraten in finanzielle Schwierigkeiten, erleben durch das befreundete Pärchen Franziska und Marcus, gespielt von Nadine Schori und Mischa Lang, dass man die „Fifties“ auch nur aus Spaß und als Hobby betreiben kann. Die selbstbewusste Frau der Gegenwart kommt ins Spiel mit Johnnys Chefin Alex (Henrike Fehrs), und Judy wird folgerichtig eifersüchtig. In der Auflösung stellen Judy und Johnny sich die Fragen: Ist die Ehe nur ein Spiel, ein Lifestyle-Arrangement? Und wie konnte es überhaupt so weit kommen?

Unter der Regie von Martin Woelffer bot das Ensemble eine unterhaltsame Show mit tollen Tänzen zu den Evergreens der 50er. Gleichzeitig war es ein kritischer Rückblick auf eine überwundene Zeit. Die 73jährige Schauspielerin und Kabarettistin Beatrice Richter als Mutter Sylvia, nahm wie gewohnt kein Blatt vor den Mund und begeisterte das Klever Publikum mit komödiantischen Akzenten.

Es gab viel Applaus für das mitreißende Spiel aller Akteure.

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