Museum Schloss Moyland Ein Leben mit dem Hasen

Bedburg-Hau · Die Künstlerin Friederike Hinz zeigt ihre Werke in einer Einzelausstellung in Museum Schloss Moyland. Thema: Der Hase und die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Langohr. Die Bilder sind bis zum 24. Mai im Schloss zu sehen.

  Friederike Hinz und die Hasen-Feinde im Museum Schloss Moyland.

Friederike Hinz und die Hasen-Feinde im Museum Schloss Moyland.

Foto: Markus van Offern (mvo)

1979 trat der Hase in ihr Leben. Er blieb bis heute. Immer ist Meister Lampe in ihren Kunstwerken gegenwärtig – auch wenn man es als Betrachter nicht gleich auf den ersten Blick merkt. Friederike Hinz war damals 19 Jahr alt und gerade aus ihrer Heimat in Lüttelforst aus dem Tal der Schwalm nach Düsseldorf gegangen, um dort visuelle Kommunikation zu studieren. Beim Zeichnen und Malen stellte sie fest: „Der Mensch hätte mir mit seiner Ästhetik, mit seiner Art, mit Natur umzugehen, die Bilder versaut“, sagt sie. Aber, das fügt sie gleich an, sie sei deshalb kein Misanthrop, sie möge Menschen. Nur in der Kunst sei der Mensch kein Thema für sie, sagt sie. Lacht. „Ich habe auch eine Mappe zum Thema ,Kein Thema’. Da sind all die Zeichnungen und Skizzen drin, die ich gemacht habe, die aber für meine Kunst nicht relevant sind“, sagt sie. Wie der Mensch. Jetzt hat Hinz’ Hase die Säle eines Flügels von Schloss Moyland besetzt, das der Lüttelforster Künstlerin ab Samstag eine große Einzelausstellung widmet.

Der Hase von Hinz – für den Besucher der Ausstellung „Sehfelder“ ist das ein weites Feld. Da tapst er in einem diffus grau-weißen Bild als Neil-Armstrong-Astronauten-Hase über die Mondfläche oder schaut den Besucher gleich am Eingang zu den Sälen im Flügel des Schlosses aus einem kleineren Bild heraus tief in die Augen. Auf einem abstrakten Großformat erahnt man den Hasen hingegen nur. Gleich am Eingang gibt’s ein fein gezeichnetes Herbarium von Gräsern, das auch mit dem Titel „Apollodorus“ an mittelalterliche Kräuterbücher erinnert. Es sind 70 Gräser, die Hinz auf Spaziergängen gefunden, dann Zuhause erforscht und schließlich auf Papier gezeichnet hat. Sie alle eint, dass der Hase sie frisst und dass sie immer weniger weniger werden. Wie der Hase.

Folgt man der Spur der Hasengräser kommt man in den Eckraum vor der alten Schlosskapelle, in dem Hinz eine Art Panorama eingerichtet hat, indem sie zehn großformatige Bilder im Kreis gehängt hat, in den man hineintreten muss. Man schaut aus der Hasen-Grasnabenperspektive auf ein abgeerntetes Maisfeld. FF-MON.810-September titelt die Installation. MON.810 ist zugelassener, gentechnisch veränderter Mais, auf die der Mensch aus der Hasenperspektive schaut. „Die Künstlerin stellt hier die Frage nach dem Umgang des Menschen mit der Natur“, sagt Barbara Strieder, die die Ausstellung betreut hat. FF-MON.810 hat Hinz in Augenhöhe gehängt. Als Betrachter bekommt er einen Blick auf die Welt nach der Ernte: Einzelne abgeknickte Halme sind zu sehen, Blätter, die schlaff herunterhängen, Häksel, ein schräger Grashalm ragt ins Bild, im Hintergrund dräut dunkel ein Busch. „Es ist der Blick des Hasen, der ein Blickfeld von fast 360 Grad hat“, sagt Hinz. Dem Jäger Mensch, eigentlich des Hasens größter Feind, hält Hinz hier in ihren Bildern den Blick des Fluchttiers vor.

Die Bilder haben Hinz-typisch keinen einheitlichen Stil: die einen sind pastos mit schwerem Farbaufstrich gemalt, mit dynamischem Pinselduktus regelrecht wie auf die Leinwand gehauen, andere fein und glatt, wieder andere geradezu abstrakt. Hier knallt ein leuchtendes Orange aus dem einen Bild, dort sind alle Schattierungen von Grau bis Schwarz austariert.

„Ich fände es langweilig, wenn ich mich auf einen Stil festlegen würde“, sagt Hinz auf die vielen Malstile angesprochen – bis hin zu den von ihr „Pendant“ betitelten Objekten, auf denen Farbe zum borkigen Relief geschichtet ist. Hinzu kommen zur Skulptur geformte Lappen, mit denen Farbe und Pinsel beim Malen der Bilder gesäubert wurden. Sie werden von Hasenleim zusammen gehalten. Ihre Ideen sucht Hinz auch in der Natur, arbeitet aber in der Regel in ihrem Atelier in Lüttelforst im Brandshof, das die heute 60-Jährige seit 1994 hat. Zuvor war sie Assistentin bei Jörg Immendorf und arbeitete später in München.

Im nächsten Raum folgen die Feinde des Hasen: Wiesel, Fuchs und Wolf, Katze und Luchs, fauchend und Zähne fletschend schwarz-weiß naturgetreu aufs Papier gemalt. Gegenüber hängen Brillen aus Hasenfell über einer Art Hexenkreis auf dem Boden. Man könne sich die Brille ja im Geist anziehen und dann auf seine Feinde blicken, sagt Hinz. Wobei der eigentiche Feind des Hasen nur der Mensch sei, da Meister Lampe hakenschlagend mit bis zu 70 Kilometern in der Stunde unterwegs sei und Hund oder Katze abhängen könne. „Aber nicht das Schrot des Jägers“, sagt Hinz. Wobei sie auch den gejagten Hasen akzeptiert: Sie würde durchaus auch ein Hasenmenü speisen, sagt Hinz. Der Hase sei ihr Sujet, nicht ihr bester Kumpel. Sie versuche, sich seinem Kern zu nähern. „Und da habe ich noch viel zu tun, den zu erreichen“, fügt sie an.

Und so wird das nächste Bild auf der Reise zum Kern des Hasen wieder abstrakt, fein gemalt in kräftigen Farben, in denen sich der Hase im Abstrakten versteckt.

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