Kreis Kleve So läuft die Ausbildung zum Notfallseelsorger

Kreis Kleve · Zwölf Freiwillige aus dem Kreis Kleve beginnen eine Ausbildung zum Notfallseelsorger. Einschlägige Vorerfahrung benötigen Ehrenamtliche nicht, aber es gibt bestimmte Anforderungen.

 Landrätin Silke Gorißen (2.v.r.) überreichte der Notfallseelsorge 35 neue Westen. „Sie stützen Menschen in deren schwersten Stunden – dann, wenn die Not am größten ist“, sagte sie.

Landrätin Silke Gorißen (2.v.r.) überreichte der Notfallseelsorge 35 neue Westen. „Sie stützen Menschen in deren schwersten Stunden – dann, wenn die Not am größten ist“, sagte sie.

Foto: Kreis Kleve

Ein Mann fährt über die Landstraße, als ihm ein Reh vor den Wagen läuft. Er bremst, weicht aus – und kracht gegen einen Baum. Eine Autofahrerin beobachtet den Unfall, hält sofort an. Sie verständigt die Rettungskräfte und redet beruhigend auf den Schwerstverletzten ein. Die Feuerwehr kommt, versucht den Verunglückten aus seinem zerstörten Auto zu befreien. Zu spät. Er stirbt auf dem Fahrersitz.

Ereignisse wie dieses bringen Beteiligte und Angehörige an Belastungsgrenzen. Geist, Seele, Psyche – was auch immer es sein mag, das einen zum Individuum macht – es wird zerrüttet. Es braucht Hilfe, um nicht zu zerbrechen. Da ist eine Autofahrerin, die gerade einen Schwerstverletzten gesehen hat, eingequetscht in seinem Pkw. Da sind die Feuerwehrleute, die versucht haben, den Verunglückten zu bergen. Da ist die Ehefrau des Verstorbenen, die vom Tod ihres Mannes erfährt. Und da ist der Polizist, der die traurige Nachricht überbringt.

Ereignisse wie dieses rufen die Notfallseelsorge auf den Plan. Ihre Aufgabe ist es, Menschen in Extremsituationen aufzufangen. Sie leisten Erste Hilfe – nicht dem Leib, sondern der krisengeschüttelten Seele. Sie helfen der Autofahrerin und dem Feuerwehrmann, den Anblick des sterbenden Verunglückten zu verarbeiten. Sie begleiten den Polizisten, der die Todesnachricht überbringt. Und sie helfen der Witwe, das Unfassbare zu realisieren.

Die Notfallseelsorge im Kreis Kleve wird von der evangelischen und katholischen Kirche in Zusammenarbeit mit dem Kreis Kleve verantwortet. Die Seelsorgerinnen und Seelsorger – etwa 35 sind es, ehrenamtlich und hauptamtlich – kommen aus den Kirchen- und Pfarrgemeinden. Die Leitstelle des Rettungsdienstes ruft sie hinzu, wenn sie gebraucht werden, meist nach Hinweis der Einsatzkräfte vor Ort.

Zwölf weitere ehrenamtliche Freiwillige sollen im nächsten Jahr dazukommen. Sie beginnen nun ihre Ausbildung, die in Zusammenarbeit mit dem Kreis Wesel über sechs Wochenendblöcke verteilt stattfindet.

Peter Bromkamp ist Pastoralreferent des Bistums Münster. Er ist seit vielen Jahren Seelsorger und einer der Koordinatoren der ökumenischen Notfallseelsorge im Kreis. Er sieht eine starke Bereitschaft von Ehrenamtlichen, sich in der Seelsorge zu engagieren. Die neuen Freiwilligen kämen dabei aus verschiedensten Berufen, „von der Einzelhandelskauffrau bis zur Kommunikationstrainerin“ sei im aktuellen Ausbildungsjahrgang alles vertreten, sagt er.

Bei der Ausbildung werden verschiedene Bereiche behandelt, darunter einsatzspezifische Herausforderungen: „Es ist zum Beispiel ein Unterschied, ob ich zu einem Unfall fahre oder zu einem häuslichen Todesfall“, sagt Bromkamp. Wichtig sei auch das Thema Selbstschutz – da geht es darum, dass man aufpasst, sich mit der seelsorgerischen Tätigkeit nicht selbst zu sehr zu belasten. Auch gehe es in der Ausbildung darum, ein „psychisches Grundverständnis für Belastungssituationen“ zu entwickeln.

Ein festes Anforderungsprofil gebe es für die ehrenamtlichen Notfallseelsorger nicht, sagt Bromkamp. „Eine gewisse Lebenserfahrung gehört aber schon dazu. Man sollte mindestens 30 Jahre alt sein. Man muss psychisch gesund sein, um für andere da sein zu können. Außerdem muss man ausreichend Zeit mitbringen“, so der Koordinator. Ausreichend Zeit, das bedeutet, dass man zumindest ein paar Mal pro Monat Bereitschaftsdienst leisten kann. Eine gewisse „spirituelle Kompetenz“ sei ebenfalls notwendig, also eine Sensibilität für die spirituellen Bedürfnisse von Menschen egal welchen Glaubens.

Die nächste Ausbildungsrunde für ehrenamtliche Notfallseelsorger im Kreis soll im kommende Jahr starten. „Die ehrenamtliche Bereitschaft ist im Kreis sehr groß. Trotzdem suchen wir immer wieder neue Freiwillige, weil es natürlich auch eine gewisse Fluktuation gibt“, sagt Peter Bromkamp.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort