Für junge Eltern Berufsausbildung in Teilzeit

Kreis Kleve · Drei junge Auszubildende mit Familienverantwortung nutzen ihre Chance auf die Teilzeitberufsausbildung. Die Kreisverwaltung Kleve ist von dem Modell überzeugt. Auch die Industrie- und Handelskammer wirbt dafür.

 Drei junge Auszubildende nutzen aktuell die Möglichkeit der Teilzeitberufsausbildung bei der Kreisverwaltung Kleve: (v.v.l.) die Auszubildenden Julia Hübner, Jennifer Moll und Laura Andrzejewski, (h.v.l.) Susanne Schultze-van Acken und Sandra Poschlod-Grause vom Kreis Kleve.

Drei junge Auszubildende nutzen aktuell die Möglichkeit der Teilzeitberufsausbildung bei der Kreisverwaltung Kleve: (v.v.l.) die Auszubildenden Julia Hübner, Jennifer Moll und Laura Andrzejewski, (h.v.l.) Susanne Schultze-van Acken und Sandra Poschlod-Grause vom Kreis Kleve.

Foto: Kreis Kleve

Wer schwanger ist, oder gerade ein Kind bekommen hat, wird sich zweimal überlegen, ob er jetzt eine Berufsausbildung startet. Insbesondere für junge Eltern, Alleinerziehende und pflegende Angehörige ist es schwierig, Familienverantwortung und Berufsausbildung in Einklang zu bringen. Doch da gibt es eine Möglichkeit, die viele junge Menschen in dieser Situation nicht kennen: die Ausbildung in Teilzeit.

In allen Ausbildungsberufen des dualen Systems ist eine Teilzeitberufsausbildung möglich. Dabei vereinbaren der Ausbildungsbetrieb und der Auszubildende die Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit auf maximal 50 Prozent. Dadurch verlängert sich die Ausbildungsdauer im selben Verhältnis. Auf eine Verlängerung kann verzichtet werden, wenn zu erwarten ist, dass das Ausbildungsziel trotz Teilzeitvariante in der üblichen Ausbildungsdauer erreicht werden kann.

Der Kreis Kleve ist von dem Modell der Teilzeitberufsausbildung überzeugt und geht selbst mit gutem Beispiel voran. Drei junge Mütter absolvieren derzeit bei der Kreisverwaltung ihre Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten in Teilzeit. „Die Erfahrungen mit ihnen sind rundum sehr positiv“, so eine Sprecherin der Kreisverwaltung. Eine der Auszubildenden hat gerade ihre Ausbildung mit Erfolg abgeschlossen und wird aufgrund ihrer guten Leistungen ins Angestelltenverhältnis übernommen. Auch die jungen Frauen selbst sind vom Modell „Teilzeitberufsausbildung“ überzeugt. Sie geben aber zu bedenken, dass für die Absolvierung ihrer Ausbildung eine gute Kinderbetreuung unabdingbar ist, so der Kreis. „Eine Ausbildung in Vollzeit wäre für alle drei aufgrund des hohen zeitlichen Umfangs nicht machbar gewesen“, so die Kreis-Sprecherin.

Häufig gebe es Vorbehalte gegen die Teilzeitberufsausbildung, beispielsweise, ob es jungen Eltern in der verkürzten Ausbildungszeit gelingt, sich dieselben Lerninhalte anzueignen wie ihre Kollegen in Vollzeit. Die Praxis habe gezeigt, dass diese Vorbehalte zumeist unbegründet seien, so der Kreis. Junge Mütter oder Väter, die eine Teilzeitberufsausbildung absolvieren, seien meist hochmotiviert und engagiert. „Im Gegensatz zu anderen Auszubildenden verfügen sie bereits über lebenspraktische Fähigkeiten. Sie sind es gewohnt, für sich und andere Verantwortung zu übernehmen, sich selbst zu organisieren, einen eigenen Haushalt zu führen und ihre Finanzen eigenständig zu regeln.“

Nicht nur bei der Kreisverwaltung Kleve ist man überzeugt vom Modell der Teilzeitausbildung. Auch die Niederrheinische Industrie- und Handelskammer (IHK) sieht zahlreiche Vorteile – für die Auszubildenden aber auch für die Firmen. „Die Erfahrungen mit diesem Modell sind auf beiden Seiten durchweg positiv“, sagt Matthias Wulfert, der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer. Für die jungen Eltern sei die Teilzeitausbildung eine gute Möglichkeit, „Druck aus ihrer Situation zu nehmen. Die Ausbildung verläuft während der Betreuungszeit der Kinder.“ Und für die Betriebe sei die Teilzeitausbildung eine gute Möglichkeit, sich eine Personengruppe zu erschließen, „die bei der Suche nach Auszubildenden vielleicht nicht sofort im den Fokus ist“, so Wulfert.

Die Teilzeitausbildung müsse auch nicht zwangsläufig länger dauern als eine herkömmliche. „Viele junge Eltern bringen durch ihre Schulausbildung oder durch eine abgebrochene Ausbildung, die angerechnet werden kann, die Voraussetzung zum Verkürzen mit“, sagt Wulfert.

Derzeit sei das Modell sicherlich noch die Ausnahme, aber es sei es wert, dafür zu werben, betont der IHK-Geschäftsführer.

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