Fortschritt der Digitalisierung im Kreis Kleve „Digi-Kompass“: Kleve nur auf NRW-Rang 44

Kreis Kleve · Damit steht der Kreis im Landesvergleich hinten an. Für die Studie untersuchten Forscher den Arbeitsmarkt, die Breitbandversorgung und die „digitale“ Branche. Die IHK sieht „Luft nach oben“, die Arbeitsagentur empfiehlt Arbeitnehmern Weiterbildung.

In Bezug auf schnelles Internet, den Arbeitsmarkt „digitaler“ Berufe und die „digitale“ Branche insgesamt kann der Kreis Kleve im NRW-Vergleich nicht glänzen. Der Kreis landet in einer Studie der Forschungsunternehmen Prognos und index gerade einmal auf Platz 44 von 53 – und im Bundesvergleich auf Platz 253 von 401. Auf den ersten Platz schaffte es die Stadt Köln, auf den zweiten Düsseldorf. Das Schlusslicht in NRW: Höxter. Die Forscher gaben der ostwestfälischen Kreisstadt zwei Sterne – genauso viele wie Kleve erhalten hat. Damit steht der nördliche Niederrhein relativ allein da: Alle Nachbarkreise haben besser abgeschnitten und mindestens drei Sterne erhalten. So schaffte es Wesel auf Rang 32 von 53, Borken gar auf Platz 28 und Viersen an Stelle 27.

Dass der Kreis Kleve insbesondere im NRW-Vergleich weit unten auf der Liste steht, ist mitunter auf die geringe Zahl „digitaler Impulsgeber“ am Arbeitsmarkt zurückzuführen. Kreisweit gibt es nur wenige Berufsgruppen, die die Digitalisierung der Wirtschaft vorantreiben. Dazu zählen Informatiker, Produkt-Designer und Ingenieure der Automatisierungstechnik. Das Urteil der Forscher: zu wenige IT-Azubis, wenige Stellenanzeigen für „digitale Impulsgeber“. Das Ergebnis: In dieser Kategorie rutschte der Kreis Kleve auf Platz 48 von 53 in NRW.

Im Mittelfeld landete der Kreis Kleve in der Kategorie „Informations- und Kommunikationstechnik-Branche“: Die Forscher setzten den Kreis auf Platz 28 in NRW. Als Kriterien zogen die Fachleute heran, wie viele Unternehmen gegründet wurden, die dieser Branche zuzuordnen sind. In Sachen Breitbrandversorgung liegt der Kreis auf Platz 36 – also wieder ein ganzes Stück weiter unten. „Eine gute Breitbandversorgung ist auch wichtig für Unternehmen. Viele wünschen sich eine schnelle Anbindung“, sagt Andreas Henseler. Er ist Zweigstellenleiter der IHK im Kreis Kleve und weiß das Ergebnis des Digitalisierungskompasses zu deuten: „Da ist für den Kreis Kleve noch Luft nach oben.“ Henseler spricht in Bezug auf den Breitbandausbau von einer wichtigen Basis für Digitalisierungsprozesse. Der Abstand zu den benachbarten Kreisen sei groß, bisher gebe es aus seiner Sicht in weiten Teilen des Kreises kein zukunftsfähiges Netz. „Die Digitalisierung lässt sich nur vorantreiben, wenn es keine Bremsklötze gibt.“

Hoffnung machen dem IHK-Zweigstellenleiter die Ergebnisse in Sachen „Informations- und Kommunikationstechnik-Branche“: „Dort sind die Ergebnisse nicht schlechter als bei anderen.“ Tatsächlich: Wirklich gut können in der Kategorie nur die großen NRW-Städte abschneiden – Kleve ist da vom Schlusslicht relativ weit entfernt. Andreas Henseler sieht im Wesentlichen zwei offene Flanken: den Breitbandausbau sowie die Rekrutierung qualifizierten Personals. „Ich denke, dass die Hochschulen – und damit meine ich nicht nur die Hochschule Rhein-Waal – wichtige Kooperationspartner sein können. Auch ein Blick über die Grenze schadet nicht.“

Mit den Ergebnissen aus dem Digitalisierungskompass 2018 hat sich auch die Bundesagentur für Arbeit beschäftigt – vor allem mit der Kategorie „Arbeitsmarkt digitaler Berufe“. „Um den Herausforderungen der fortschreitenden Digitalisierung der Arbeitswelt zu begegnen, werden lebenslanges Lernen und betriebsnahe Aus- und Weiterbildungsangebote immer bedeutender“, sagt Barbara Ossyra, die der Geschäftsführung der Arbeitsagentur in Wesel vorsitzt und den Kreis Kleve mit betreut. „Die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit von Mitarbeitern gilt als der derzeit wichtigste Trend im Personalwesen.“ Im gleichen Maße, wie Unternehmen immer kurzfristiger auf Veränderungen am Markt reagieren müssten, seien Arbeitnehmer gezwungen, ihre Flexibilität zu erhöhen, um in der Arbeitswelt bestehen zu können.

Ein Schuh, der drückt, ist der Breitbandausbau im Kreis Kleve, der grundsätzlich Sache der einzelnen Kommunen ist. Eine Besonderheit: Der Kreis ist in großen Teilen sehr ländlich geprägt; bei der Breitbandversorgung gibt es eine Reihe „weißer Flecken“, die im Jahr 2017 genau definiert wurden. Betroffen sind vor allem Bewohner sehr ländlicher Gebiete, deren Anschluss ans Breitbandnetz den großen Telekommunikationsunternehmen vielfach als nicht wirtschaftlich erscheint. Um den „weißen Flecken“ Herr zu werden und insgesamt 97 Schulen sowie andere Bildungseinrichtungen ans Breitbandnetz anzuschließen, hat der Kreis Kleve Förderanträge für 15 Städte und Gemeinden gebündelt, die zwischenzeitlich bewilligt wurden. Das Volumen: 32,1 Millionen Euro. „Der Vergabeprozess läuft“, sagt Kreis-Sprecherin Ruth Keuken, die die konkreten Ergebnisse aus dem Digitalisierungskompass jedoch nicht kommentieren möchte.

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